Nach dem Dschungeltrek durch den Gunung Leuser Nationalpark bei Bukit Lawang sind wir plan-, aber nicht ziellos. Bis wir Mitte Dezember in Singapur sein wollen, haben wir noch knappe 3 Wochen. Zuvor hatten wir uns überlegt, im Anschluss an den Besuch bei den Orang Utans weiter auf die Insel Borneo und wenn möglich noch nach Sulawesi zu reisen. Womit wir nicht gerechnet hatten: Die Vielfältigkeit Sumatra´!

Nach unserem Dschungeltrek und Gesprächen mit anderen Reisenden ist uns klar, dass wir auch locker 3 Wochen hier verbringen können, ohne dass wir im Geringsten Gefahr laufen, den Inselkoller zu erwischen. Wir sind uns schnell einig und beschließen, lieber Sumatra ausgiebig zu erkunden als zu versuchen, in zu kurze Zeit zu viele Ziele zu stopfen.

Eine 6-stündige Fahrt mit vollgestopften, klapprigen Minibussen bringt uns weiter nach Berastagi. Die hochgelegene Stadt im Karo Hochland liegt in einem riesigen Vulkankessel und ist umzingelt von zahlreichen Vulkanen. Mindestens 2 davon gelten noch als aktiv – und da wollen wir rauf! Viel mehr wissen wir noch nicht über den kleinen Ort und auch ein Reiseführer-Check verrät uns noch nicht, welches Glück wir haben. Denn Gunung Sinabung, einer der beiden Vulkane in der unmittelbaren Umgebung des Ortes, ist seit gut einem Jahr schwer am brodeln. Seit er im September 2013 zum ersten Mal seit Jahren mit großem Brimborium ausgebrochen ist, grummelt er miesgelaunt vor sich hin und seit Oktober 2014 – also knapp 6 Wochen bevor wir hier ankommen – speit er fast täglich Asche und Lava. Glück für uns, natürlich. Die Bewohner des Dorfes am Fuße des Vulkans, das sicherheitshalber evakuiert wurde, sehen das mit Sicherheit aus einem anderen Blickwinkel. Wobei die erhöhte Vulkanaktivität den Tourismus ankurbelt und zusätzliche Rupiah in die Gegend bringt.

Berastagi selbst würde – wie der Großteil indonesischer Städte – wohl keinen Schönheitspreis gewinnen. Die meisten Gebäude sind mehrstöckige, funktionale Betonbauten. Längs durch die Stadt verläuft der Trans-Sumtra-Highway, die vertikale Hauptverkehrsader der Insel. Entsprechend viele LKWs sind hier tags wie nachts – natürlich nonstop hupend – unterwegs. Wir quartieren uns im Wisma Sibayak ein, die erste Adresse im Ort unter Travellern. Die Zimmer sind geräumig und trotz der Nähe zur Hauptstraße recht ruhig. Hier treffen wir auch das australische Paar Oishee & Will wieder, mit denen wir in Bukit Lawang durch den Dschungel gewandert und ein anderes Pärchen, die wir auf Pulau Weh kennen lernten. Gleich am ersten Abend merken wir dass wir uns nicht mehr auf Meereshöhe, sondern auf 1.300 Metern befinden. Mit Einbruch der Dunkelheit kühlt es schlagartig ab. Zum ersten Mal seit gefühlt einer Ewigkeit kramen wir unsere langen Hosen und die Fleecepullover aus den Rucksäcken. Und zahlen gerne jeden Abend 0,70 € extra für eine heiße Dusche. Gut, dass die ganze Hauptstraße mit kleinen Warungs gesäumt ist, in denen wir uns bei Mie Goreng in allen erdenklichen Variationen wieder aufwärmen können. Und auch gut, dass es im kleinen Restaurant des Guesthouses heißen Ingwertee gibt.

Überhaupt ist das Wetter in Berastagi berüchtigt für seine abrupten Umschwünge. Wie wir selbst sehen, kann es morgens sonnig und klar sein und innerhalb einer halben Stunde ist alles wolkenverhangen und die Sicht eingeschränkt. Das schwer kalkulierbare Wetter ist mit ein Grund dafür, dass schon mehrere Bergsteiger und Forscher hier bei Vulkanbesteigungen ums Leben kamen. Wir treffen uns zur Touplanung mit einem lokalen Guide und erfahren, dass eine Besteigung des Gunung Sinabung nicht möglich ist. Aus Sicherheitsgründen sind derzeit alle Wege auf den brodelnden Vulkan gesperrt. Wir überlegen hin und her und hören von einer andere Reisende im Guesthouse, dass man zwar nicht hinauf kann, aber vom Fuße des Berges eine gute Sicht auf den Vulkankrater hat. Sie saß mit einem Guide stundenlang auf einem Fels und wartete, bis der Vulkan schließlich mit einer beeindruckenden Aschewolke ausbrach. Am nächsten Morgen brechen wir mit einem Opelet (= Minibus) auf in Richtung Vulkan. Wir beschließen, dass wir keinen Guide brauchen, um stundenlang auf einem Fels zu sitzen und zum Vulkan hoch zu schauen. Wir passieren mehrere verlassen scheinende Dörfer und lassen uns am Fuße des Vulkans absetzen.

Zu unserer Überraschung sehen zwar die Häuser leer stehend aus, der Anfang des Pfades auf den Vulkan hoch ist aber weder abgesperrt noch warnen Schilder vor der Besteigung. Man kann einfach hinaufspazieren…Keine Sorge – wir waren vernünftig genug, dass wir nicht weiter aufgestiegen sind (außerdem war es bereits zu spät für den siebenstündigen Aufstieg) 😉 Stattdessen suchen wir uns einen guten Platz zum beobachten des Vulkans. Dafür müssen wir aber zurück auf die andere Seite des Berges. Zwar kommt kein Opelet mehr, aber ein Zigaretten-Lieferwagen nimmt uns mit. In der Nähe eines Dorfes lassen wir uns absetzen und laufen weiter. Die Häuser hier sind alle von einer dicken grauen Ascheschicht bedeckt. Wir haben Glück und nur wenig später bricht der Vulkan aus. Zwar ist der Kraterrand wolkenverhangen, trotzdem ist die enorme Aschenwolke, die innerhalb weniger Sekunden über dem Vulkankrater erscheint, gut zu erkennen.

Wir machen uns auf den Rückweg und wieder ist das Glück auf unserer Seite: erst nimmt uns ein vom Feld heimkehrender Bauer sehr zur Belustigung seiner Frau und Tocher hinten auf der Ladefläche bis zur Kreuzung mit. Und kaum auf der Hauptstraße angekommen und den Daumen ausgestreckt, dürfen wir in die Fahrerkabine eines LKW einsteigen. Die Menschen sind sehr sehr freundlich und großzügig und jeder will sich mit uns unterhalten – oder wenigstens ein gemeinsames Foto machen.

Zurück im Guesthouse nehmen wir eine ausgiebige Dusche um all die Asche wieder loszuwerden, die sich auch überall auf uns abgesetzt hat. Am nächsten Morgen herrscht dicke Luft in Berstagi – der Wind hat gedreht und bläst die Asche des Sinabung über die Stadt. Graue Ascheschwaden rieseln sichtbar durch die Luft und die feine Asche legt sich auf alles, was eine Fläche bietet.

Kaum gehen wir vor die Tür, haben wir auch schon die feinen Partikel in der Nase. Auf den Straßen und auf dem Bauernmarkt ist deutlich weniger los als an den vorherigen Tagen. Wir wollen trotzdem den noch klaren Himmel ausnutzen und den zweiten Vulkan besteigen.Der Gunung Sibayak ist 2.049 Meter hoch und deutlich besser gelaunt als sein 450 m höherer großer Bruder Gunung Sinabung. Es gibt 3 verschiedene Aufstiege auf den Vulkan:

  • Ein dreistündiger, teilweise asphaltierter Weg entlang einer Straße, der gut zu finden ist und nordwestlich auf dem Bergrücken empor führt;
  • ein steiler, zweistündiger Aufstieg mit vielen ausgewaschenen Steintreppen direkt vom Fuße des Vulkans nach oben;
  • eine fünfstündige Wanderung durch den Dschungel.

Option 3 wird nur in Begleitung eines Guides empfohlen, da der Weg durch den Dschungel nicht gekennzeichnet ist und extrem rutschig sein kann. Auch der direkte Weg soll eher nicht alleine begangen werden, da viele der Treppen ausgewaschen sind und Sturzgefahr besteht. Da wir ja schon in Bukit Lawang durch den Dschungel gewandert sind und eigentlich lieber tolle Ausblicke genießen wollen, entscheiden wir uns für den 5 km langen Aufstieg Nr. 1, den wir problemlos alleine laufen können. Mit einem Opelet fahren wir bis zum „Vulcano entry“, wo eine kleine Eintrittsgebühr fällig wird. Nach einem guten Kaffee in der kleinen Hütte am Wegrand machen wir uns auf den wirklich einfach zu bewältigenden Weg und erreichen gegen 11 Uhr den Vulkanrand. Die Landschaft hier oben sieht fast schon unwirklich aus: der Boden ist bröselig-trocken, die Steine sind gelb und blassgrün vor Schwefel, schwarze Baumstümpfe ragen kahl in den Himmel, alles sieht verbrannt aus.

Schon auf dem Weg entlang des Kraterrims steigt uns ein beißender Geruch nach faulen Eiern in die Nase. Aus vielen kleinen Fumarolen werden laut zischend und mit riesigem Druck heiße Schwefelgasse ausgestoßen. Wir kommen uns vor, als wären wir in der Vorhölle gelandet: neben uns zischt und dampft es, unter uns brodelt es – und dann bricht neben uns in der Distanz der Gunung Sinabung aus. Wir haben vom Kratersee aus eine perfekte Sicht auf die riesige austretende Aschewolke. Ein beeindruckendes Schauspiel.

Dann gehen wir noch weiter um den Krater herum und steigen auf den Gipfel auf. Wir haben Glück, das Wetter hält und wir sehen bis weit hinab ins Tal. Keine halbe Stunde später ziehen Wolken auf und wir machen uns auf den Abstieg. Wir nehmen den direkten Abstieg und kommen am Fuß des Berges bei zahlreichen heißen Quellen raus. Obwohl uns direkt nach der Wanderung zum ersten Mal in Berastagi eher nach einer kalten Dusche wäre, packen wir die Gelegenheit beim Schopfe und tauchen in die fast schon zu heißen Pools ein.

Die letzten Kilometer fahren wir mit dem Bus zurück. Inzwischen hat sich der Himmel komplett zugezogen und es fängt an zu regnen. Leider hört es die ganze Nacht nicht mehr auf, sodass aus unserem letzten Highlight wetterbedingt nichts mehr wird. Wir hatten uns mit einem Guide und 2 anderen Reisenden zu einer nächtlichen Fahrt zum Gunung Sinabung verabredet, da man bei Ausbrüchen nachts die herabfließenden Lavaströme sehen können soll. Aber leider nicht wenn es regnet, sondern nur in klaren Nächten.

Trotzdem hat sich der Trip nach Berastagi für uns auf alle Fälle gelohnt. Und so sind wir immerhin ausgeschlafen für den anstrengenden nächsten Reisetag, der uns an den Toba See bringen soll…

Ein Gedanke auf \"Willkommen in Teufel´s Küche – Dicke Luft in Berastagi\"

  1. Eben hab ich mit Euch den Vulkan bestiegen und war mit Euch im Urwald bei den Affen.
    Das war ein schönes Morgenerlebnis für mich!

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