Zwischen 7.30 Uhr und 7.45 Uhr:
Uli´s innerer Wecker klingelt – er schlägt die Augen auf, hüpft vom Bett und macht schon Kaffee, während sich Biene noch die letzten 2 Minuten im warmen Bett einkuschelt. Meist ist es morgens noch ordentlich kühl (± 14 Grad C). Erst wenn sich die Sonne gegen 10 Uhr durchsetzt, heizt es sich auf die üblichen 30-35 Grad auf. Wie in der Wüste. Ein erstes Anzeichen für den nahenden Herbst.

Gegen 8 Uhr:
Wir setzen uns vor unserem Horse Truck an den Frühstückstisch, trinken Kaffee und hören den vielen Vögeln zu, die in den Bäumen über uns ihr Morgenlied trällern. Meist wartet schon Tess auf uns, die Hündin des Farmers. Ihr gefällt es, dass wir so oft draußen sitzen. Wir schreiben unsere Arbeitsstunden vom Vortag ins Stundenbuch, schreiben Tagebuch (Uli), lesen Nachrichten (Biene) und gießen den Rasen, den wir uns als Vorgarten selbst angelegt haben. Im Anschluss richten wir uns für den Tag. Obligatorisch: das eincremen mit Sonnencreme LSF 50. Das einzige, was europäische Haut im Sommer Australien´s vor krebsroter Färbung schützt. Und: Wasserflasche füllen und mitnehmen.

Zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr
Wir fahren mit Milo und Quad rüber zum „Shed“. Die Farm ist weitläufig, die Wege weit und laufen würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen. Im Inneren des großen Schuppens ist die Hof-Werkstatt, drum rum stehen alle Landmaschinen, die zum Betrieb einer Farm gebraucht werden – plus mancher rostiger Oldtimer. Man sieht, dass hier gearbeitet wird – draußen wie drinnen liegt und steht alles bunt verteilt rum, die Ordnung hat der Farmer im Kopf 😉 Uli setzt sich auf den Schlepper und fährt zu den Weinreben. Reihe für Reihe fährt er durch die Reben, um die Wege dazwischen zu fräsen. Zum Glück hat der Schlepper Klimaanlage in der Kabine. Und Radio.
Biene fährt zu den noch jungen Baby-Reben. Jetzt heißt es Rücken nochmal strecken, Spaten in die eine Hand, Heckenschere in die andere und mit Handschuhen bewaffnen. Die kleinen Reben müssen von Unkraut befreit werden, die den Wurzeln Platz, Sonne und Nährstoffe wegnehmen. Dazwischen sind viele hohe Disteln und gemeine kleine „Prickles“, die sich mit ihren spitzen Stacheln überall anheften. Die Reihen sind lang. Es wird heiß. Fitness-Studio ist heute überflüssig.

13.00 Uhr
Wir machen Mittag und fahren zurück zum Horse Truck. Mit einem Vesper setzten wir uns raus und essen. Anschließend gießen wir nochmal den Rasen.

13.30 Uhr
Irgendwas ist immer. Wenn nichts ist, setzt sich Uli wieder auf den Schlepper und fräst weiter. Es sind viele Reihen Weinreben… Heute ist was Anderes. Schon seit ein paar Tagen brechen die Rinder immer wieder hinter dem Farmhaus aus der Koppel aus. Das Gras auf dem (bewässerten) Reitplatz und um´s Haus drumherum ist einfach viel saftvoller als die trockenen Steppenhalme, die jetzt im Spätsommer auf der Weide stehen. Da kann auch das Heu nicht viel ausrichten, dass alle 1-2 Tage zugefüttert wird.
Die Kühe springen lieber über den Zaun. Heute morgen hat der Farmer einen Kuhfladen auf seinem Rasen entdeckt und es wird ihm zu bunt. Zaun erneuern ist angesagt. Mit dem Frontlader werden erst die alten Pfosten rausgerissen, bevor mit dem Teleskop-Lader und einem großen Bohrer neue Pfosten in den zement-harten Boden eingesetzt werden. Es hat inzwischen gute 35 Grad. Es ist heiß. Es ist ein Knochenjob. Der Farmer ist grätig, was er um diese Jahreszeit manchmal ist und wofür er sich schon im Vorfeld an unserem 1. Tag entschuldigt hat. Im Moment der Situation selbst macht es das nicht besser. Uli fragt sich, warum wir uns das antun.

Währenddessen sitzt Biene vor dem Horse-Truck im Schatten und schreibt fleißig Berichte. Einen pro Tag hat sie sich vorgenommen, damit unser Reisetageblog endlich wieder auf den aktuellen Stand kommt. Davor hat sie schon Hausfrau gespielt, Geschirr gespült und das erledigt, was in einem Haus- bzw. Truckhalt so anfällt. Mittags hat sie meist leider nicht mehr viel zu tun. Und den ganzen Tag Unkraut zwischen den Reben jäten – no way! Sobald die Mittagshitze etwas nachlässt, holt sie eines der 5 Pferde von der Koppel. Als Alternative zum Reitplatz stehen kilometerlange Stoppelfelder, Sanddünen und Steppe als herrliches Ausreitgelände zur Verfügung. So kann man Zeit verbringen 🙂

18.30 Uhr
Feierabend! Auf ihrem Rückweg vom Fluss halten die Fischer an, die auf dem Farmgrundstück angeln dürfen. Sie holen ein Feierabendbier für den Farmer & Uli aus ihrer Esky, die Stimmung steigt wieder. Nach der wohlverdienten Dusche heizt Uli den Grill an, während Biene Salat und Grillgemüse vorbereitet.

19.15 Uhr
Die Steaks sind fertig. Wir schenken wir uns einen Wein ein und genießen das BBQ an unserem Tisch vor dem Horse Truck. Meist liegt Tess daneben – immer in der Hoffnung, dass was vom Tisch abfällt. Der Farmer hat sich bereits beschwert, dass sein Hund fett wird. Na sowas 😉 Es ist angenehm warm. Wir gießen nochmal den Rasen.

20.00 Uhr
Die Sonne verabschiedet sich und geht vor spektakulär gefärbtem Himmel unter. Glühend rot, orange, lila. Jeden Tag. Wir genießen das Schauspiel. Auch jeden Tag.

20.15 Uhr
Wir schenken uns nochmal einen Wein ein, sitzen immer noch draußen und plaudern gemütlich. Im Hintergrund lachen die 3 Kookaburras, die auf den Beleuchtungsmasten des Reitplatzes sitzen. Wir müssen mitlachen.

21.00 Uhr
Wir blicken nach oben und bewundern den spektakulären Sternenhimmel. Die Milchstraße zieht sich als dichter, klarer Sternennebel über den gesamten Nachthimmel, daneben steht das Kreuz des Süden. Und dutzende andere Sternbilder, die wir heute leider (noch) nicht kennen.

21.15 Uhr
Es wird langsam kühl, wir verkriechen uns in unseren Horse Truck. Hier genießen wir den Luxus einens großen Flatscreen-Fernsehers und schauen uns vom Bett aus einen Film aus der umfassenden DVD-Sammlung des Farmers an. Film geschaut haben wir seit 10 Monaten nicht mehr 🙂

21.30 Uhr
Der Farmer macht seine abendliche Rundfahrt und stellt die Sprinkler der Bewässerungsanlage für die Nacht an. Ab nun hören wir manchmal ganz leise die Pumpe, die ein paar Meter neben unserem Truck das Wasser für die Wasserversorgung des Hauses aus dem Darling River, dem zweitgrößten Fluss Australiens, pumpt.

Der Mond geht auf. Wieder geht ein Tag im australischen Outback zu Ende.

2 Gedanken auf \"1 Tag im Leben von Farmarbeitern – nach der Weinlese\"

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