Zum ersten Mal seit längerer Zeit spüren wir heute wieder dieses Kribbeln im Bauch. Diese freudige Aufregung. Zu Beginn unserer Reise spürten wir sie ganz oft: Beim Aufbruch. Vor der Ankunft in einer Region, in der wir noch nie waren. Vor jedem neuen Land. Es kribbelt.
Und da ist die Vorfreude. Auf das Unbekannte. Auf all das, was uns in diesem neuen Land erwarten mag. Auf die Erlebnisse, Erkenntnisse, Begegnungen und Erfahrungen, die wir machen und erleben werden. Die schon bald zu uns und unserer Geschichte gehören werden. Vor uns liegt Neuland. Nicht nur im übertragenen, sondern auch im wörtlichen Sinne. Gut sichtbar liegt es bereits unter uns. Beinahe schon greifbar. Schon seit mehreren Stunden fliegen wir über das Land, in dem wir von heute an ein Jahr lang leben, arbeiten und reisen wollen. Es ist das flächenmäßig zweitgrößte Land der Erde.
Bis jetzt sehen wir vor allem viel Wasser. In gefrorenem Zustand! Zugefrorene Seen und Flüsse winden sich in natürlichen Schlangenlinien durch eine karge Weite. Es ist sonnig, nur wenige Wolken trüben hin und wieder die Sicht. Mit der Zeit wird das Eis weniger und braune Steppe löst die weiße Schneelandschaft ab. Die ersten Berggipfel erheben sich aus der Ebene. Langsam werden die Berge höher und die Täler dazwischen tiefer. Vermutlich fliegen wir nun bereits über die Rocky Mountains.
Während wir aus dem Fenster blicken, tanzen in unseren Köpfen die Gedanken. Springen von den letzten Tagen zuhause in Deutschland zu unserem Rucksackinhalt. Haben wir alles dabei? Uns erwarten verschiedene Klimazonen und 4 ausgeprägte Jahreszeiten. Dann springen die Gedanken weiter zu den wenigen Landesinfos, die wir bisher in Blogs und Reiseführern recherchiert haben. Formen daraus Ideen und Erwartungen an unsere Zeit hier – und springen wieder zurück zu der Erkenntnis, dass wir eigentlich noch kaum was über dieses riesige Land wissen.
Mit Absicht. Wie meist reisen wir ohne fixen Plan, ohne eine geplante Route und ohne zu wissen, wo wir in einer Woche sein werden oder wo und was wir im Laufe des Jahres arbeiten wollen. Wir haben eine ungefähre Idee, aber noch ist alles offen und nichts spruchreif. Was für andere unvorstellbar oder der pure Stress wäre, beinhaltet für uns die ultimative Freiheit.
Die Freiheit, das Land auf uns wirken zu lassen. Unvoreingenommen anzukommen und einfach zu erleben, wie es ist. Wo es uns gefällt. Was uns die Einheimischen empfehlen. Bis jetzt planen wir nur, dass wir für die ersten Wochen wieder unsere Rucksäcke schultern und die Wanderschuhe schnüren werden. Es warten unzählige Nationalparks mit eindrucksvoller Natur. Soviel ist sicher. Größere Strecken wollen wir per Anhalter fahren. In welche Richtung wissen wir noch nicht.
Im Anschluss…? Wir sind selbst gespannt, wo es uns hin verschlagen wird.
Was Kanada für uns bereit hält.
Die Vorfreude fühlt sich an wie Schmetterlinge im Bauch. Sie kribbelt.