„Ist er das?“, fragen wir uns gegenseitig im selben Moment. Uli hat in der Distanz einen überdimensionalen, länglich roten Fels entdeckt, der sich aus dem flachen Wüstenboden erhebt. Kann es sein? Wenn unsere Navigation stimmt, sind wir immerhin noch fast 100 km vom Herzstück Australien´s entfernt. Ist der Ayer´s Rock wirklich schon von hier aus zu sehen?
Er ist es nicht. Was wir da sehen, ist Mt. Connor. Der oben wie abgeschnitten flache Berg ist es aber gewohnt, oft für seinen berühmteren Nachbarn gehalten zu werden. Da es auf dem Lasseter Highway von Alice Springs zum Uluru-Kata Tjuta Nationalpark außer spärlicher Wüstenvegetation und viel rotem Sand beim Blick aus dem Fenster nicht viel zu sehen gibt, ist die Freude eben groß, wenn man plötzlich einen roten Monolith erspäht. Tja, es ist (noch) nicht der Richtige. Also fahren wir weiter.
1 Stunde später ist es dann wirklich soweit. In unser Blickfeld rückt auf einmal ein majestätischer, tiefroter Fels! Wir alle haben dieses Symbol Australien´s ja sicher schon viele Male abgebildet gesehen haben. In Wirklichkeit ist der Anblick aber noch viel beeindruckender! Schnell bezahlen wir an der Einfahrt zum Uluru-Kata Tjuta Nationalpark die 25$ pro Person, die uns 3 Tage lang Zutritt zum Uluru erlauben. Eigentlich sogar 3 1/2, denn weil es schon Nachmittag ist, bekommen wir den Rest des heutigen Tages geschenkt. Und dann sehen wir ihn in seiner ganzen Pracht.
Wie ein Wächter über die Wüste erhebt sich der 340 Meter hohe rote Fels, der erst vor 200 Jahren Ayer´s Rock getauft wurde. Für das hier lebende Volk der Anangu Aborigines ist es seit Jahrtausenden von Jahren Uluru. Uluru ist für sie von großer kultureller Bedeutung und gleichzeitig Mittelpunkt und Schauplatz vieler ihrer Glaubensvorstellungen und über Generationen weitergegebenen Geschichten. Erst 1986 wurde das Gebiet den Anangu zurückgegeben und wird seitdem gemeinsam mit seinen traditionellen Hütern als UNSESCO Welterbe Nationalpark verwaltet. Um mehr über die Bedeutung und Geschichten rund um THE ROCK zu erfahren, steuern wir als erstes das Uluru-Kata Tjuta Cultural Center am Fuße des Berges an. Hier werden in spannenden Filmen, interaktiven Ausstellungen und in Vorträgen von den Parkrangern mehr zu den Dreamtime Geschichten, dem traditionellen Leben der Aborigines, der Pflanzen- und Tierwelt und vielem mehr super anschaulich dargestellt. Es gibt mehr als genug zu sehen für einen ganzen Nachmittag!
Da im Park selbst nicht übernachtet werden darf, fahren wir spätnachmittags wieder hinaus. Vor dem Park gibt es das kleine Feriendorf Yulara mit Hotels, B&B´s und Campingplatz. Für uns ist aber klar: we go bush! Also fahren wir an einer beliebigen Stelle vom Highway ab in die Wüste. Wir überqueren einige Sanddünen und dann – erspäht Uli 2 Kamele! Endlich, endlich, endlich! Überall im Outback sahen wir die vor den Wüstentieren warnenden Verkehrsschilder, sahen Touri-Kamele am Cable Beach in Broome und gezähmte Kamele beim Camel Cup in Alice Springs – aber kein einziges Kamel in der Wildnis. Dabei leben hier in der Wüste Australiens mehr als 4 Millionen (!) wilde Kamele. In Windeseile springen wir aus dem Jeep und laufen über die Dünen. Was wir sehen, verschlägt uns schier den Atem: vor uns grasen nicht nur 2 Kamele, sondern eine ganze Herde wilder Kamele mit Stuten, mehreren Fohlen und Hengst! Sogar ein weisses Kamel ist dabei. Der Leithengst beäugt uns misstrauisch und immer wieder scheucht er die Kamelfohlen, die sich uns neugierig nähern wollen, aufgeregt zurück. Nach einigen Minuten treibt er seine Herde schließlich von uns weg. Erlebnisse wie dieses kann man auf keiner Tour buchen! 😉
Wir fahren weiter. Und finden den perfekten Übernachtungsplatz. Mitten in der Wüste. Auf der Kuppe einer Düne. Mit direktem Blick auf den Ayer´s Rock. WOW! So genießen wir ganz für uns den Sonnenuntergang. Mit der untergehenden Sonne ändert sich die Farbe des Uluru. Im direkten Sonnenschein ein leuchtendes Terrakotta, verändert sich die Nuance erst zu einem glühenden Orange, dann zu einem tiefen Magentarot bevor er dunkel Mauve da liegt, wenn die Sonne schließlich am Horizont versunken ist und sich der Himmel lila färbt. Ein spektakuläres Schauspiel! Der Nachthimmel in dieser Nacht ist ähnlich spektakulär und so sitzen wir noch stundenlang am Lagerfeuer und zählen Sternschnuppen.
Nach einem ebenso wunderbaren Sonnenaufgang am nächsten Morgen fahren wir an den Fuß des Uluru. Wir nehmen an einem geführten Spaziergang teil, bei dem ein Anangu Ranger über die Geologie des Felsens und von der Bedeutung des Uluru für die Aborigines erzählt, Flora & Fauna erklärt und spezielle Orte des Uluru zeigt. Im Anschluss umrunden wir den mächtigen Monolith auf dem 10 km langen Base Walk. Dabei sehen wir für die Wüste überraschend viele Wasserlöcher, Höhlen mit Felsenmalereien und hinter jeder Kurve ein neuer faszinierende Winkel Uluru. Nicht alle können wir Euch hier zeigen, denn für die Anangu heilige Stellen dürfen nicht fotografiert werden. Die Stimmung ist eigenartig still und friedlich und immer wieder bläst ein lauer Wind durch die dünnen Eukalyptusbäume.
Später sehen wir uns den Sonnenuntergang von einer der beiden offiziellen Sunset Viewing Areas aus an. Es gibt ein eigenes Areal nur für Tourbusse und einen Parkplatz für Autos. Schon eine gute Stunde vor Sonnenuntergang ist der Parkplatz bis auf den letzten Platz gefüllt. Wunderbar, dass wir gestern auf unserer Düne das Schauspiel ganz für uns hatten. So grillen wir heute ganz entspannt und schauen einfach nur anstatt uns mit viel zu vielen anderen Deutschen um die besten Fotoplätze zu streiten, während langsam die Sonne untergeht.
TAG 2
Tag 2 verbringen wir bei den 50 km vom Ayer´s Rock entfernten Kata Tjuta. Die von den englischen Entdeckern The Olgas getauften 36 Felsendöme bedeuten in der Sprache der Anangu viele Köpfe – und das ist aber auch schon alles, was die traditionellen Hüter über diese bis zu 600 Metern hohe Felsen preisgeben.
Ihre Bedeutung und die Geschichten die damit einhergehen, sind zu wichtig, um sie mit Außenstehenden zu teilen. Ihre Erscheinung alleine reicht schon aus, um uns zu beeindrucken. Aus ähnlichem „Kieselsteine-in-Sandstein-Zement“-Gestein wie die Bungle Bungles leuchten auch diese Felsen orangerot. Wir laufen auf dem einzig erlaubten Weg durch das Gebiet den 7,5 langen Rundweg durch das „Tal der Lüfte„. Auf einem Trampelpfad geht es dabei teilweise durch enge Schluchten und über Kuppen mit tollen Aussichten zwischen den hohen orangenen Felsendomen hindurch. Passenderweise ist es an diesem Tag ziemlich windig und kalt. Abgesehen vom Rauschen des Windes herrscht aber auch hier wieder eine absolute Stille und eine seltsam friedliche Atmosphäre. Wir fühlen uns wirklich an einem besonderen Ort.
Nachdem wir schon zum (leider wolkenverhangenen) Sonnenaufgang am Sonntenuntergangs-Aussichtspunkt waren, bleiben wir auch zum Sonnenuntergang rebellisch und fahren zu einer Düne, die zwischen Uluru und Kata Tjuta liegt und als Sonnenaufgangs-Areal ausgeschrieben ist. Außer uns sind nur wenige Andere hier, wodurch wir die Stimmung einfach mehr genießen können. Und die Aussicht auf Uluru und Kata-Tjuta ist auch nachmittags wunderbar. Leider gibt es aber wie schon morgens keine spektakulären Farben zu sehen, weil der Himmel immer noch bedeckt ist. Und es ist kalt. Und erwähnten wir schon windig? 😉
TAG 3
Leider lässt sich auch heute morgen die Sonne noch nicht blicken. Es ist regnerisch, kalt und windig. Deswegen verbringen wir den Großteil des Tages im (warmen 😉 ) Cultural Center, wo es immer noch genügend zu sehen, zu lesen und anzuschauen gibt. Mittags nehmen wir an einer interessanten Präsentation der Ranger zur überraschend artenreichen Tierwelt der Wüste teil. Als der Himmel langsam aufbricht, unternehmen wir einen halbstündigen Spaziergang beim etwas abgelegeneren Aussichtspunkt Talinguru Nyakunytjaku und sehen uns von der Sanddüne hier aus einen nochmal wundervollen Sonnenuntergang an.
Im Anschluss fahren wir auf unsere Düne außerhalb des Parks, grillen Stockbrot und Bratäpfel über´m Lagerfeuer und verabschieden uns nach einer weiteren Nacht in der Wüste nochmal beim Sonnenaufgang mit privatem Blick auf den Ayer´s Rock von diesem einzigartigen Wahrzeichen Australiens!
Am Rande:
Aus Sicherheit- und kulturellen Gründen bitten die Anangu darum, den Uluru nicht zu besteigen. Schon mehrere Dutzend Aufsteiger sind dabei ums Leben gekommen. Die Anangu fühlen sich für die Ereignisse auf ihrem Land tief verantwortlich. Außerdem ist die Route auf den Berg hinauf für sie der Weg, den ihre heiligen Schöpfungswesen nahmen. Verboten ist der Aufsteig nicht. Wir haben uns dafür entschieden, diesen Wunsch zu respektieren. In Myanmar haben wir in Pagoden die Schuhe ausgezogen, in Laos in Tempeln Schultern und Knie bedeckt und in Australien klettern wir eben nicht auf den Uluru. Aus Respekt.
Danke für den tollen Bericht und die Bilder! Und schön, dass Ihr nicht auf den heiligen Berg gestiegen seid. Ich kann Leute nicht verstehen, die meinen, sich respektlos verhalten zu können, nur weil sie in einem anderen Land sind … Weiterhin gute Reisen!
Liebe Sabine,
vielen Dank! Für uns war sehr schnell klar, dass wir nicht auf den Uluru klettern werden. Unserer Ansicht nach beruht viel Respektlosigkeit auch auf Unwissen – oder einfach Ignoranz. Ein Großteil der Aufsteiger sind wohl auch Australier – leider ist das Verhältnis zwischen der indigenen Bevölkerung und den europäischen Nachkommen bis heute in weiten Teilen angespannt und nicht nur von gegenseitigem Verständnis geprägt.
Viele Grüße von Sabine zu Sabine 🙂