Die ersten 2 Nächte auf Vava’u’s gleichnamiger Hauptinsel verbringen wir im Port of Refuge Villa. Das Guesthause mit der tollen Aussicht auf’s Meer wird vom Ehemann der Besitzerin des Backpacker Townhouses in Nuku’alofa geführt, wo wir die ersten Nächte wohnten. Zuerst war diese Regelung nur übergangsweise gedacht. Da sich alle 4 inzwischen erwachsenen Kinder jedoch für ein Leben in den USA bzw. in Neuseeland entschieden haben, bedeutet das für Yvette & Kalafi, dass sie die größte Zeit des Jahres auf getrennten Inseln leben. Laut Yvette funktioniert ihre Ehe genau deswegen wunderbar 😉
Überhaupt lebt rund ein Drittel aller Tonganer im Ausland. Das hängt damit zusammen, dass die meisten ihre Schulausbildung in Australien, Neuseeland oder den USA absolvieren und im Anschluss daran nicht mehr in das „einfache“ Inselleben mit weniger Möglichkeiten zurückkehren möchten. Dass dadurch viel Potenzial aus dem Land abgezogen wird, ist natürlich ein Problem. Gleichzeitig versucht der tonganische König allzu viel ausländischen Investment einen Riegel vorzuschieben. So hat er vor wenigen Jahren ein Gesetz erlassen, welches Ausländern in Tonga Landerwerb verbietet. Dennoch gehören inzwischen z.B. so gut wie alle Supermärkte und Kioske chinesischen Immigranten. Dabei spielt sicher auch die tonganische Arbeitsmentalität eine Rolle. Wie uns ein einheimischer Freund auf Vava’u erzählt, sehen es viele Insulaner mit der Arbeit so: „In Australien oder den USA muss ich arbeiten, um Geld zu verdienen. Ohne Geld kann ich mir nichts zu essen kaufen. Wenn ich hier kein Geld hab, geh ich einfach zum Nachbar und der gibt mir was zu essen. Wozu soll ich da arbeiten?“
Vava´u – die Mittelmeerküste der Südsee
Vor allem auf Vava’u sind viele Bars, Cafés und Restaurants in der Hand europäischer oder US-amerikanischer Auswanderer. Uns erinnert Neiafu an eine italienische Kleinstadt am Mittelmeer: im geschützten Hafen liegen eine große Zahl Segelyachten vor Anker und an der Promenade reihen sich hippe Cafés, Bars und italienische Restaurants aneinaner. Wir sind während der Nebensaison hier und vieles ist geschlossen. Das Städtchen liegt im Dornröschenschlaf. Die Einheimischen gehen in aller Gemütlichkeit ihrem täglichem Leben nach. Viele von ihnen tragen dabei -wie auch auf Tongatapu und Ha’apai – noch traditionelle Gewänder: für Männer wie Frauen sind das schwarze, knöchellange Röcke, über die um die Hüften geflochtene Bastmatten getragen werden.
Über die Sommermonate sieht es hier allerdings ganz anders aus. Dann migrieren Buckelwale aus der Antarktis nach Tonga, um in den geschützten Gewässern zu kalben und ihre Kälber aufzuziehen. Mit den Walen kommen die Touristen. Tonga ist eines von nur 2 Ländern weltweit, in denen man mit diesen faszinierenden Tieren schwimmen darf. (Ja, das wussten wir vorher schon. Aber wir konnten uns trotzdem nicht rechtzeitig von unserem Farmjob in Australien losreißen. Wann kann man schonmal Cowgirl sein 😉 )
Ansonsten hat Neiafu uns zu dieser Jahreszeit nicht viel zu bieten. Zum Tauchen ist das Meer momentan zu aufgewühlt. Also decken wir uns wieder mal mit Proviant ein und ziehen los, um andere Inseln zu erkunden. Wir kriegen eine Mitfahrgelegenheit auf einem Fischerboot und lassen uns auf die kleine Insel Ofu fahren. Anders als unsere einsame Insel in Ha’apai ist auf Ofu ein kleines Dorf. Wir dürfen unser Zelt am Ende der kleinen Inselstraße direkt am Strand aufschlagen und das Bad des einzigen Guesthauses mit benutzen. Auch am Trinkwasser (gesammeltes Regenwasser) dürfen wir uns bedienen. Perfekt! Mehr brauchen wir nicht für die nächsten 3 Tage, die wir mit kayaken, lesen, kochen, faulenzen, schreiben und in der Südsee planschen füllen.
Am Tag der wöchentlichen Fähre nach Tongatapu fahren wir mit dem Boot zurück auf die Hauptinsel. Als wir allerdings unsere Tickets kaufen wollen, erfahren wir an dem kleinen Kiosk im Hafen, dass die Fähre erst am nächsten Tag fahren wird. Grund ist ein starker Zyklon, der über Tonga erwartet wird. Also gut. Nochmal eine Nacht am Strand. Wir schultern unsere Rucksäcke und machen uns wieder raus aus Neiafu. Natürlich erst, nachdem wir noch ein großes Eis gegessen haben 🙂 Unser Ziel ist der Nordosten Vava’us, wo es einen schönen Strand geben soll. Als wir nach mehreren Mitfahrgelegenheiten aber dort ankommen, zeigen sich schon die Vorboten des nahenden Zyklons: es fängt an zu regnen und an dem ungeschützten Strand bläst der Wind immer stärker. Auch der herumliegende Müll lädt nicht richtig zum Campen ein. So strecken wir nach einigen Stunden am Strand unsere Daumen nochmal raus und stehen gegen Abend doch wieder in Neiafu. Was nun? Uns nochmal in Kalafi’s Hostel einbuchen wollen wir eigentlich nicht. Zwar war es nett dort, aber doch etwas teuer und nicht so gemütlich wie bei Yvette. Nach einigem hin und her finden wir schließlich einen geeigneten Zeltplatz: die Kirchwiese! Der Priester hat nix dagegen, dass wir in dem weitläufigen Garten campen und wir dürfen sogar Bad & Dusche der angrenzenden Priesterschule nutzen. Gott sei Dank! 🙂
Tonga-Time
Am nächsten Morgen laufen wir erneut zum Hafen. Auf die durch den Zyklon garantiert wieder stürmische 18-stündige Fährfahrt freuen wir uns nicht wirklich, aber hilft ja nix. Da müssen wir durch. Aber noch geht es wieder nicht los: am Ticketschalter heißt es, dass die Abfahrt um mehrere Stunden verschoben werden muss. Der Zyklon werde Tonga wahrscheinlich in wenigen Stunden treffen und es sei deshalb besser, erst gegen Abend loszufahren. Also gut. Zusammen mit der Belgierin Larissa und dem Italiener Zac, die wir vor einer Woche im Hostel kennen lernten und immer mal wieder trafen, machen wir uns zur Zeitüberbrückung auf in ein Café mit Internet und günstigem Bier. So vergehen die Stunden. Aus der Abfahrt um 18 Uhr wird im Laufe des Nachmittages Abfahrt um Mitternacht. Uli hat sich die Telefonnummer des Kapitäns organisiert, der uns über die aktuelle Lage auf dem Laufenden hält. Gegen 20 Uhr steht dann fest: der Zyklon hat weiter an Stärke gewonnen. Vermutlich wird er die Hauptinsel Tongatapu treffen. An eine Fährfahrt ist nicht zu denken. Die Abfahrt wird auf den nächsten Tag verschoben.
…In dieser Nacht sind es schon 2 Zelte, die auf der Kirchwiese stehen 😀 Am nächsten Morgen bekommen wir dann sogar noch ein großes Frühstück von der Pfarrhälterin. Gut gestärkt machen wir uns also ein drittes Mal auf zum Hafen. Aber diesmal is‘ nix mit „aller guten Dinge sind 3„: die Abfahrt wird abermals verschoben. Und weil heute Freitag ist und die Fähre bei einer späteren Abfahrt in den Sonntag hinein fahren würde, ist Abfahrt nun erst in 3 Tagen! Denn wie schon geschrieben, ist Tonga ein sehr religiöses Land und die Einhaltung des christlichen Ruhetages gesetzlich vorgeschrieben! Nächstmögliche Abfahrt ist also Montag um Mitternacht. Wir machen das Beste daraus, dass wir nun nochmal 2 Tage auf einer Südseeinsel festsitzen 😉
Campingurlaub in der Südsee die Dritte
Soll heißen: wir kaufen Proviant und lassen uns per Anhalter auf eine andere Insel zum nächsten wunderschönen Strand fahren, an dem wir gut geschützt in einer Bucht unser Zelt aufschlagen. Das Wetter ist wieder gut genug zum schnorcheln und unsere Urlaubslektüre haben wir zum Glück in Neiafu auch nochmal aufgestockt. Uns wird also nicht langweilig. Gastfreundlich wie die Tonganer sind, hätten wir wie schon zuvor auch dieses Mal eigentlich überhaupt keinen Proviant kaufen brauchen: Der Strandbesitzer versorgt uns mit mehr frischem Obst und Gemüse aus seinem Garten, als wir überhaupt essen können. Wir trinken frische Kokosnuss zum Frühstück, essen Bananen und Papaya zu mittag und abends grillen wir neben den Spaghetti die wir im Feuer kochen, frisch geernteten Maniok und Cassava in unserem Lagerfeuer. Unser Trinkwasser dürfen wir im nahen Dorf aufstocken und werden sonntags sogar noch von einer dortigen Familie zum Festessen eingeladen. Typische Speisen bei einem tonganischen Feast sind Spanferkel, Wurzelgemüse wie Maniok, Yam oder Cassava und in Bananblätter gekochtes und in Kokosmilch eingelegtes Fleisch und Gemüse. Schmeckt so lecker wie es sich anhört!
Pappsatt und mit neu gewonnen Freunden machen wir uns Sonntag abends also ein erneutes Mal auf zum Hafen Vava’us. Bis es soweit ist, verbringen wir noch einen lustigen Abend in einer der Bars mit dem Inder Anthony, der 2 Jahre lang als Lehrer in einem Austausch der Schönstatt-Bewegung auf Tonga arbeitet.
Dieses Mal soll es tatsächlich losgehen. Allerdings nicht um Mitternacht… Und so sehr uns die tonganischen Menschen mit ihrer großen Offenheit, Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit auch ans Herz gewachsen sind, müssen wir sagen, dass die Arbeitsmentalität und mangelnde Organisationskunst für uns typisch-westliche-Effizienz-Optimierer an diesem Abend nur schwer auszuhalten ist! Obwohl die Fähre nun schon seit 4 Tagen im Hafen liegt, wird erst kurz vor Abfahrt mit der Ladung der Fracht begonnen. Schlag Mitternacht geht es los. Und dann wird ohne System alles hin- und her gekarrt. Die Passagiere können nicht an Bord, weil dort, wo eigentlich die Passagierbrücke befestigt werden soll, die Gabelstapler mit Fracht kreuz und quer über den Steg rasen. Wir kommen uns vor, als stünden wir mitten in einem Ameisenhaufen, in den jemand mit einem Stock hinein gestochert hat. Alle wuseln durch die Gegend, jeder steht jedem im Weg herum und nix geht voran. Irgendwann ist dann aber doch alles verladen und gegen 3 Uhr morgens geht die Überfahrt tatsächlich los. Wir finden Schlafplätze im klimatisierten Liegeraum. Jackie Chan frei 🙂 Durch den Zyklon ist das Meer immer noch aufgewühlt und sobald wir auf offener See sind, rollt das Schiff wieder so stark, dass an nichts anderes außer flach auf dem Boden liegen und Löcher in die Luft gucken, zu denken ist. Irgendwie gehen auch diese anstrengenden 18 Stunden vorüber.
Back to Nuku´alofa
In Tongatapu angekommen, holt uns Yvette am Hafen ab. Bei ihr werden wir nochmal für eine Woche bleiben. Zwar wollten wir eigentlich schon früher nach Neuseeland bzw. noch nach Samoa, aber der supergünstige Flugpreis nach Neuseeland eine Woche später ist einfach unausschlagbar. Wir nutzen die Zeit bis zu unserem Flug nach Neuseeland, um unseren Blog auf Vordermann zu bringen, zu planen, zu kochen und mit neuen und wieder getroffenen Freunden die Stunden zu verquatschen – und natürlich noch soviel Eis wie möglich zu essen.
Zu unserem Abschluss auf Tonga verabschiedet sich das Land genauso herzlich von uns, wie es uns begrüßt hat: als schwäbische Sparfüchse wollen wir uns das teure Taxi zum Flughafen sparen (wir wissen ja inzwischen, dass es wirklich keinen Bus gibt 😀 ) und hoffen, per Anhalter zumindest in Richtung des Flughafens zu kommen und den Rest laufen zu können bzw. dann ein günstigeres Taxi nehmen zu können. Also stehen wir mal wieder an die Hauptstraße und strecken die Daumen raus. Nicht einmal 2 Minuten später hält neben uns ein kleiner LKW – es ist der Frachtdienst von Air NewZealand 😀 Dessen Fahrer fährt uns direkt bis vor den CheckIn-Schalter!
Danke Tonga…!