Ausschlaggebend für unsere Wanderung von Wanaka nach Queenstown war ein Gedanke: „Warum sollen wir uns auf dem Highway in einer Stunde um die Berge herum zu unserem nächsten Ziel Queenstwon kutschieren lassen, wenn eine Etappe des Te Araroa in 3-4 Tagen mitten durch die spektakuläre Gebirgsregion durchführt?“ Na? …Eben – auch uns fiel kein vernünftiger Grund dafür ein! Außer vielleicht der flüchtige Blick auf das Höhenprofil des Tracks…auweh!

Beim Blick auf das Höhenprofil des Motatapu-Tracks spüren wir direkt unsere Beine...!
Beim Blick auf das Höhenprofil des Motatapu-Tracks spüren wir direkt unsere Beine…!

TRAMPEN DES MOTATAPU TRACKS – Tag 1

Nach dieser spontanen Entscheidung versorgen wir uns mit Proviant, springen nochmals in den gleichnamigen See Wanankas, werfen einen letzten Blick auf die imposanten Gipfel des Cordona und Treble Stone am gegenüber liegenden Ufer und machen uns am späten Nachmittag auf die erste Tagesetappe des Motatapu Tracks. Wir trampen also mal wieder. Witzigerweise bedeutet tramping in Neuseeland nicht wie bei uns per Anhalter fahren, sondern ist eine Wortschöpfung aus „Trekking“ und „Camping“ – also Mehrtageswanderungen durch das Hinterland Neuseelands.

Es dauert nicht lange und wir sind vollkommen hingerissen von der Landschaft um uns herum: durch ein langgezogenes Tal führt uns der immer schmaler werdende Wanderweg zwischen imposanten Ausläufern der Südlichen Alpen. Allerdings dauert es auch nicht viel länger, bis sich der bis dahin gemächlich auf der Ebene dahin schlängelnde Schotterweg zu einem steil ansteigenden Trampelpfad wandelt. Mal geht es steil mitten durch einen dunklen Tannenwald, dann wieder auf einem schmalen Pfad entlang einem kleinen Gebirgsbächleins. Es geht hinauf, wieder hinunter und noch höher hinauf. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir nach 4 Stunden die gut gepflegte Fern Burn Hütte. Wir haben Glück – und erhaschen die letzten beiden Betten. Im Gespräch mit anderen Wanderern verbringen wir eine gemütliche Stunde auf der Hütte, bevor wir alle recht früh die Lichter ausmachen!

UP & DOWN and UP & DOWN – Tag 2

Nach unserem Bergsteiger-Kaffee machen wir uns gegen 9 Uhr wieder auf. Auch die heutige Tagesetappe ist super anstrengend. Auf schmalen Graten geht es Bergkämme rauf und runter. Schon nach kurzer Zeit geraten wir trotz inzwischen guter Kondition ordentlich ins Schwitzen. Aber landschaftlich gibt der Weg soviel her, dass die Begeisterung die Anstrengung immer noch um Welten übersteigt. Kilometerweit genießen wir eine wolkenlose Rundumsicht über das sommerliche Faltgebirge der südlichen Alpen …Und wenn wir allzu sehr außer Atem sind, nehmen wir einfach die grandiose Aussicht als Vorwand, um kurz stehen zu bleiben und ein (oder zwei, oder drei, oder dutzende…) Fotos zu schießen. So wie hier:

Oder hier:

Küsschen!

Nach 4 schweißtreibenden Stunden erreichen wir die spektakulär gelegene Highland Creek Hütte. An dieser Stelle müssen wir unbedingt mal etwas von den DOC Backcountry (=Hinterland) Hütten schwärmen! Während unserer 5 Wochen in Neuseeland haben wir in so einigen Rast gemacht, in mehreren übernachtest und von ausnahmslos allen sind wir schwer begeistert. Die größtenteils sehr neuen Hütten sind top in Schuss, sauber, mit Matratzenlagern, Gemeinschaftsbereich und Kaminöfen ausgestattet und stehen allen Wanderern für einen wirklich sehr fairen Übernachtungspreis zur Verfügung. Viele davon liegen außerdem wie eben die Highland Creek Hütte absolut traumahft:

ganz da vorne, in der Mitte, da is´uns´re Hütte....da woll´n wir hin!
ganz da vorne, genau in der Mitte, da ist unsere Hütte….da woll´n wir hin!

Während wir uns also Porridge zum Mittagessen zubereiten und noch überlegen, ob wir direkt zur nächsten Hütte weiter wandern oder uns einen faulen Hüttennachmittag genehmigen, ziehen dunkle Wolken auf. Das Wetter macht uns die Entscheidung zu bleiben leicht und schon während wir für ein erfrischendes Bad zum nahen Gebirgsbach absteigen, beginnt es zu regnen. Wir sind kaum zurück in der Hütte, als zuckende Blitze den inzwischen fast schwarzen Himmel durchziehen, lautes Donnergrollen ertönt und der Himmel seine Schleusen vollständig öffnet. Mit bester Panoramasicht auf das Himmelsspektakel verbringen wir einen sehr gemütlichen Hüttenmittag, spielen Karten, tauschen Wandergeschichten mit den übrigen Hüttengästen und wärmen uns an heißer Suppe. Rechtzeitig zum Einbruch der Dunkelheit verzieht sich das Unwetter wieder und als wir in unsere Betten fallen, können wir von diesen aus einen gigantischen Sternenhimmel bewundern.

In Shania Twain´s Vorgarten – Tag 3

Unser heutiges Tagesziel ist Mazetown. Die einstige Goldgräbersiedlung ist heute eine Geisterstadt: null Einwohner – aber ein Zeltplatz. Davor wartet allerdings das anstrengendste Etappenstück auf uns. Es geht gleich über 3 hohe Bergkämme. Unsere Beine sind müde vom steilen und stetigen Auf und Ab. Aber der Geist bleibt motiviert und tapfer bringen uns unsere Füße Schritt für Schritt unserem Ziel entgegen. Auch die Landschaft bleibt sagenhaft. Einziges Zeichen der Zivilisation ist ein Hubschrauber, den wir zweimal über die Berge fliegen sehen – er fliegt wohl die berühmte Besitzerin dieses Geländes, Shania Twain, zu oder von ihrer Residenz. Obwohl dieses Land also in prominentem Privatbesitz  ist, hat es die Besitzerin dankenswerterweise der Öffentlichkeit mit diesem Wanderweg zugänglich gemacht – und kommt sogar für die Instandhaltung der Wanderwege auf.

Gegen Mittag erreichen wir die Rose Hütte, wo wir mit den Füßen im Gebirgsbach Rast machen. Zwei der drei zu bewingenden Bergkämme liegen nun hinter uns. Nach der Pause müssen unsere Füße dennoch überredet werdet, hinter der Hütte den steilsten Anstieg der Tracks hochzugehen. Sie würden lieber umdrehen und sich auf der Bank vor der Hütte in die Höhe strecken. Aber nix da. Kaum auf dem Berg oben angekommen, beginnt der ebenso steile Abstieg auf die andere Seite. Zurück im Tal erreichen wir das Flussbett des Arrow Flusses. Hier haben wir zwei Möglichkeiten:

  • das Flussbett entlang zu laufen,
  • auf einen erhöhten Flut-Weg auszuweichen.

Da die zweite Option einen erneuten Aufstieg bedeutet hätte, entscheiden wir uns trotz erhöhtem Wasserpegel kurzerhand für den Weg entlang des Flusses. Wobei Weg hier nicht ganz zutreffend ist – gelingt es uns für die ersten Kilometer noch, uns trockenen Fußes entlang des steinigen Ufers zu hangeln, zu hüpfen und zu schlängeln, führt schon bald keine Möglichkeit mehr an nassen Füßen vorbei. Die kurzzeitig willkommene Abkühlung weicht schon bald trägen Eisklötzen in den Wanderschuhen. Eine gefühlte Ewigkeit stapfen wir mit kalten, nassen und müden Füßen den Fluß noch weiter hinunter. Auf dem Weg sehen wir unseren ersten Goldschürfer! Aber immer noch ist kein Zeltplatz in Sicht. Uns reicht es für heute, wir sind müde. Deshalb schlagen wir unser Zelt kurzerhand an einer grasigen Stelle neben dem Flussufer auf. Noch schnell die Schuhe zum Trocknen rausgestellt und selbst zur Katzenwäsche in den Fluss gesprungen, dann fallen wir auch schon geschafft in unsere Schlafsäcke. Die Sonne ist schon lang aus dem engen Tal verschwunden und uns steht eine sehr kalte Nacht bevor.

Goldgräberstimmung – Tag 4

Am nächsten Morgen sind unsere Wanderschuhe immer noch pitschnass. Ist aber nicht weiter schlimm – es geht ja eh direkt wieder im Fluss weiter. Außerdem scheint nun die Sonne ins Tal und wärmt unsere bibbernden Glieder. Kurz vor Mazetown treffen wir einige Te Ararao Wanderer. Ein kurzes Stück wandern wir gemeinsam – dann laufen sie uns in ihren Wassersandalen davon. Mit der Kondition der Läufer, die seit 4 Monaten zu Fuß durch Neuseeland unterwegs sind, können wir noch nicht mithalten. Noch ca. 2 Stunden geht unsere Wanderung im Flussbett weiter, dann bildet sich ein kleiner Trampelpfad heraus, der sich zu einem Feldweg vergrößert. Auf ihm wandern wir einige Kilometer weiter am Boden der Schlucht neben dem Fluss entlang. Langsam aber sicher kommen wir wieder in belebteres Gebiet. Der Wanderweg wird zur Schotterstraße, die Landschaft im Vergleich zu den drei vorhergehenden Tagen unspektakulärer. Wir sehen weitere Goldschürfer sowie Familien beim 4WD-Sonntagsausflug und zum Angeln am Fluss. Als wir vor der nächsten Flussdurchquerung stehen – mit inzwischen fast wieder trockenen Füßen – strecken wir beim nächsten vorbei fahrenden Geländewagen kurzentschlossen die Daumen raus. Und wir haben Glück. Wir werden die restliche Strecke bis Arrowtown mitgenommen.

Als wir das süß für Touristen hergerichtetem Goldgräber-Städtchen am späten Nachmittag erreichen, führt uns unser Instinkt schnurstraks zum gemütlichen Biergarten mit Livemusik. Hier machen wir erst mal Pause, ziehen die immer noch feuchten Wanderschuhe aus und stärken uns bei einem Glas lokal gebrautem Weizenbier, Pizza und Hamburger. Diese mehr als willkommene Stärkung gönnen wir uns von einem Geschenk:

HERZLICHEN DANK, ELVIRA!

Anschließend geht es weiter auf die letzte Etappe nach Queenstown. Noch haben wir unser Tagesziel nicht erreicht. Da wir aber schon vorab gelesen hatten, dass das letzte Teilstück mit den vorherigen Etappen nicht mithalten kann, entscheiden wir uns für die bequeme Variante: wir trampen – also, mit dem Auto! 😉 Keine halbe Stunde später stehen wir dank einem supernetten Lift auch schon im Zentrum von Neuseeland’s Abenteuer- und Outdoor-Hauptstadt. Queenstown ist das Mekka schlechthin für Action-Begeisterte. Hier wurde das kommerzielle Bungee-Jumping erfunden, im Winter ist es DER Skiort Ozeaniens und auch sonst wird hier das ganze Jahr über alles geboten, was das Herz von Adrenalin-Junkies höher schlagen lässt. Gleichzeitig ist es der touristischste – und teuerste!- Ort Neuseelands. Dass das Ischgl der Südhalbkugel trotz seiner Touristenströme auch uns richtig gut gefällt, liegt hauptsächlich an seiner unwiderstehlichen Umgebung: eingebettet in die Bergkette der Remarkables sieht die Landschaft direkt hinter dem Stadtrand aus sämtlichen Perspektiven aus, als wäre sie direkt einer Postkarte entsprungen. Wie gemalt heben sich die dunklen Bergkonturen vor dem strahlend blauen Himmel ab. Surreal schön! Aber Queenstown ist ein teures Pflaster. Eigentlich wollten wir uns nach unserer viertägigen Wanderung ein bequemes Hostelbett und eine ordentliche Dusche gönnen – aber alle Hostels sind entweder bereits ausgebucht oder unverschämt teuer. So laufen wir stattdessen zum Botanischen Garten. Hier finden wir ganz hinten hinter dem Rosengarten ein windgeschütztes, verstecktes Plätzchen zwischen hohen Tannen. Perfekt für unser Zelt. Urbanes Camping! 😀

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