Abenteuer Transsibirische Eisenbahn – Part 2

Ja – dass es in Sibirien immer kalt ist, ist ein absolutes Klischee. Die klirrende Kälte des sprichwörtlichen „sibirischen Winters“ mit bis zu -40 Grad Celsius ist sicher bei vielen mit der erste Gedanke, der ihnen zu diesem riesigen Gebiet Russlands einfällt. Dass hinter diesem Klischee aber auch ein Körnchen Wahrheit steckt, haben wir in den letzten 2 Wochen erlebt…

Nach den 3 Tagen Zugfahrt von Moskau nach Krasnojarsk freuten wir uns bei unserer Ankunft im Hostel vor allem auf die sauberen, fest stehenden sanitären Anlagen und eine ausgiebige Dusche. Nach dieser machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden, die im Reiseführer als „eine der beeindruckendsten Metropolen Sibiriens mit dem für eine Großstadt so ungewöhnlichen Gefühl unendlicher Weite“* (by the way: ein sehr guter Reisebegleiter für eine Transsib-Reise: *Transsib Handbuch v. Hans Engberding, erschienen im Trescher Handbuch) beschrieben wird. Krasnojarsk ist mit knapp 1 Million Einwohner die drittgrößte Stadt Sibiriens, liegt am zentralsten Punkt Russlands zu seinen Grenzen in alle 4 Himmelsrichtungen und hat (u.a. mit der zweitgrößten Alumiumhütte der Welt und vielen anderen die Umwelt belastenden Werken) den unschlagbaren Charme einer Industriestadt. Aufgrund der hier angesiedelten Atom- und Rüstungsindustrie war sie als „geschlossene Stadt“ während des kalten Krieges sogar Sperrgebiet für Ausländer. Wir hatten uns diese Stadt dennoch als Zwischenstopp ausgesucht, weil sie im malerischen Flusstal des „Jenissej“ liegt, ein gewaltiger Strom, der ins nördliche Eismeer fließt und zu den längsten Flüssen der Welt zählt.

Auf unserem Stadtrundgang fanden wir an bemerkenswerten Bauwerken eine historische Eisenbahnbrücke, die 1900 auf der Weltausstellung in Paris zusammen mit dem sehr viel bekannteren Paris Eiffelturm die Architektur-Goldmedaille erhielt und die Paraskeva-Kapelle, die beide auch auf der russischen 10-Rubel-Note abgebildet sind. Auf Empfehlung der Hostelbesitzerin auf unsere Frage nach gutem, lokal typischem Essen testeten wir dann noch den besten Italiener Sibiriens 😀

Am nächsten Tag brachen wir zu einem Ausflug in den Stolby-Nationalpark auf. Stolby bedeutet Pfähle und bezieht sich auf rötliche Granitfelsen, die in bizarren Formen mit einer Höhe von bis zu 100 Metern aus der Taiga aufragen. Zu diesen wollten wir wandern. Wir waren uns dabei allerdings der Weite Sibiriens nicht richtig bewusst und haben nach 5 Stunden wandern, als der Trampelpfad immer kleiner und der Schneefall immer stärker wurde und die Nacht langsam näherrückte, irgendwann den Versuch abgebrochen… Die Wanderung durch den tiefen sibirischen Wald erinnerte uns landschaftlich sehr an unsere Equipment-Probewanderung durch den heimischen Schwarzwald 😀 allerdings sahen wir einige Tiere mehr – zwar keine Bären oder Luchse, aber dafür Eichhörnchen, Erdmännchen und allerlei Vogelarten. Und so konnten wir endlich doch noch durch den Schnee wandern, den wir zuhause letzten Winter nicht hatten. 🙂

Für die 2. Etappe mit der transsibirischen Eisenbahn stiegen wir am darauffolgenden Tag wieder in den Zug. Das fiel uns ganz leicht, da der Schneefall immer stärker wurde und es recht ungemütlich kalt war. Aufgrund des Wetter sahen wir auf diesen Kilometern nicht allzuviel von der Landschaft, nur dass die weite Steppe immer endloser und die Wälder weniger wurden, ließ sich durch das weisse Treiben hindurch erkennen. Der Standard des Zuges war schon etwas geringer als der unseres Zuges von Moskau nach Krasnojarsk, der mit Eigennamen zu den gehobenen Zügen zählt und, wie wir später lasen, das Aushängeschild dieser Strecke ist. Dennoch kamen wir früh am nächsten Morgen in der Stadt Irkutsk an, die für uns das Tor zum Baikalsee darstellte. An diesem blieben wir eine gute Woche, deshalb gibt es dazu einen extra Bericht:  Der Baikalsee – die blaue Perle Sibiriens

7 Tage später kletterten wir in Sludjanka wieder an Bord der transsibirischen Eisenbahn. Die nächste Etappe sollte uns in 5 Stunden nach Ulan Ude bringen, die Hauptstadt der ehemals eigenständigen Republik Burjatien. Die Fahrt ab Sludjanka war landschaftlich bis hierhin die reizvollste! Die ersten 2 Stunden verliefen die Gleise direkt am Südufer des Baikalsees entlang, der im strahlenden Sonnenlicht funkelnd blau leuchtete und in dem sich die Bergkuppen der anderen Uferseite spiegelten. Dem niedrigen Zugstandard zum Trotz war das auch der 1. Zug, bei dem sich ein Fenster öffnen ließ, sodass wir gut die hier wieder grüne Landschaft filmen und fotografieren konnten. Nachdem wir vom Baikalsee weg nach Westen abbogen, folgte der Zug dem schönen Selenga-Flussdelta bis nach Ulan Ude. Hier wurden wir bei Einfahrt in den Bahnhof mit festlicher, russischer Musik aus den Lautsprechern begrüßt und hatten somit gleich eine stimmungsvolle Ankunft 😀 Da am gleichen Tag kein Zug mehr in die Mongolei fuhr, kauften wir am Touristenschalter Tickets für den nächsten Tag und schoben eine Nacht Zwischenaufenthalt ein. Dieser Umstand stellte sich als glücklicher Zufall heraus, da uns zum einen die Stadt selbst nach Moskau am besten gefiel und wir zum anderen ein richtig gemütliches Hostel in zentraler Lage fanden (bzw. gabelte uns der Hostelbesitzer vor dem Bahnhof auf). Dazu kam, dass wir bei der Übernachtung ein richtiges Schnäppchen machen konnten, da wir nur den 1/2 Preis zahlen mussten, nachdem Uli im Scherz sagte, dass uns auch ein Bett reiche 😀
Abends schauten wir uns das schöne Stadtzentrum an, aßen lokale Spezialitäten (z.B. „Buuz“, das sind mit Hammelfleich gefüllte Teigtaschen – juhu, endlich wieder Dumplings 🙂 ) und machten es uns im Hostel gemütlich.

Am nächsten Tag ging gegen Mittag unser Zug nach Ulaan Bataar. Dieser war der offizielle internationale „Touristenzug“ Nr. 4 in die Mongolei. In diesen gibt es keine 3. Klasse, deshalb bezogen wir ein 4-Bett-Abteil der 2. Klasse, das wir für uns allein hatten. Hier trafen wir auch das 1. Mal andere ausländische Reisende, was sich beim ausfüllen der mongolischen Einreisekarten (auf mongolisch!) noch als sehr hilfreich herausstellte. Eigentlich hatten wir erwartet, dass die Tickets für diesen Zug recht teuer sein würden, waren sie aber nicht. Im Zug wurde uns auch recht schnell klar, warum… Vom erwarteten internationalen Standard war nichts zu sehen, es gab nur schmale Teppiche (wir dachten zuerst, es seien Läufer für den Boden 😀 ) anstelle von Bettdecken, Handtücher sowie Klopapier suchten wir vergebens und auch Teetassen, die es in den russischen Zügen standardmäßig für alle Fahrgäste gibt, gab es nicht in diesem chinesischen Prachtzug. Tranken wir halt Bier statt Tee 😀

Die wunderschöne Landschaft machte den mäßigen Zug allerdings locker wieder weg und wir verbrachten die Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit an den offenen Fenstern. Nach den sich über mehrere Stunden hinziehenden Grenzkontrollen verließen wir das kalte Russland und kamen Sonntag früh um 6 in der mongolischen Hauptstadt Ulaan Bataar an, in der bereits die Sonne schien.

Bis hierhin sind wir nun gut 6.000 km mit dem Zug quer durch Eurasien gefahren und bevor es auf die letzten beiden Etappen bis Beijing geht, ziehen wir nun erst noch in das mongolische Hinterland. Stilecht mit Jeep, Steppenpferden und Kamelen 🙂

 

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