Das erste Jahr mit Baby ist unheimlich spannend. So viele Entwicklungsschritte und unzählige erste Male – Und wenn die Kleinsten langsam zum Kleinkind werden, geht die spannende Reise weiter und in manchen Bereichen erst richtig los! Unvergesslich der Moment, in dem die kleinen Sonnenscheine ihre allerersten Schritte alleine laufen. Ein wichtiger Meilenstein. Und ein weiterer Schritt – wortwörtlich – in Richtung Eigen- und Selbständigkeit. Mit Finn’s ersten Schritten beschäftigten wir uns zum ersten Mal auch mit dem Thema Schuhe für Laufanfänger und Kleinkinder. Dabei merkten wir ziemlich schnell, dass bei uns jede Menge Fragen aufkamen. Fragen, auf die wir als Erstlingseltern keine Antworten parat hatten. Wie wahrscheinlich alle Eltern wollen wir das Beste für unseren Sohn und seine Entwicklung. Aber was ist eigentlich das Beste für diese kleinen und noch so zarten Kinderfüße?
Diese und all unsere weiteren Fragen durften wir Oliver Klein stellen, was uns riesig freut! Denn Oliver und seine Frau Nadine sind nicht nur das perfekte Team aus Produktdesigner und gelernter Orthopädie-Meisterin mit 20 Jahren Orthopädiepraxis, sondern vor allem auch absolute Experten, was Schuhe für Laufanfänger und Babyschuhe angeht. Oliver und seine Frau Nadine sind die Gründer der Marke „Lieblinge“, die handgefertigte Barfußschuhe für Kinder herstellt.
Ihr seht schon, bessere Fachleute hätten wir für unsere vielen Fragen gar nicht finden können. Und vielleicht beschäftigen Euch ja gerade genau dieselben Fragen. Dann lest auf jeden Fall weiter:
12 Fragen an Oliver, Gründer & CEO von Lieblinge – ökologische Barfußschuhe für Kinder
Oliver, Du als Kinderfuß-Experte, verrate uns bitte mal:
Was ist für den Kinderfuß und seine gesunde Entwicklung am besten und wichtigsten?
Damit sich ein Kinderfuß stabil und so gut wie möglich aufbaut, braucht er so wenig Manipulation in seiner Freiheit wie möglich. Wenn zum Beispiel die Zehen nicht in ihrer natürlich angedachten Position stehen und abrollen dürfen, kann es leicht zu Deformierungen kommen. Das wirkt sich oft erst im Erwachsenenalter aus – und kann dann zu einer richtig gehenden „Schmerzkarriere“ führen. Unsere 20 Jahre Orthopädie-Erfahrung zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen über 30 Jahren ein Fußproblem hat. Dabei haben über 90% der Fußpatienten keine der typischen Fußerkrankungen und leiden dennoch an Fehlstellungen und Deformierungen, die sehr schmerzhaft sein können.
Eine tiefe Prävention vor späteren Fußproblemen leisten sogenannte Barfußschuhe. Das sind Schuhe, die die Muskelarbeit korrekt unterstützen und die Sohle fast wie barfuß abrollen lassen. Bei Barfußschuhen passiert bei jedem einzelnen Schritt ein Muskeltraining in die richtige Positionierung und in die richtige Statik im Fuß.
Generell sollte ein Kinderschuh so weich und leicht wie möglich sein. Denn je mehr Stützkraft ein Schuh gibt und umso steifer und unflexibler er ist, desto weniger darf der Fuß arbeiten. Damit sich die Muskeln im Fuß richtig aufbauen und entwickeln können, müssen sie aber aktiviert und genutzt werden.
Worauf sollte ich beim Kauf von Schuhen – und speziell der ersten Schuhe – für mein Kind achten?
Das Allerwichtigste ist, dass der Schuh eine Form hat, bei der die große Zehe nicht weggedrückt wird. Es ist sehr wichtig für den Aufbau des Längsgewölbes, dass die große Zehe ihre natürliche gerade Position, die sie barfuß hat, behalten kann. Wird die große Zehe weggedrückt, kollabiert das Längsgewölbe. Die Zehenbox sollte also genügend Platz für alle Zehen bieten.
Genau so wichtig sind super weiche Sohlen, die den Fuß fast wie barfuß abrollen lassen und so die Muskelarbeit unterstützen.
Ein weiterer Aspekt, der leider oft nicht bedacht ist, ist das Material der ersten Schuhe. Gerade in den ersten 3-5 Lebensjahren ist die Absorption der Haut- und dabei allen voran die der Fußsohle – besonders hoch. Die über die Haut aufgenommenen Stoffe können sich auf das Blut und den Organaufbau auswirken. Deshalb sind schadstofffreie Materialien, gerade bei Schuhen, in den ersten Jahren besonders wichtig. Man sollte bei jedem Hersteller glaubwürdige, transparente Fakten und Hintergründe zur Herstellung und Schadstofffreiheit der verwendeten Materialien finden (leider machen das die meisten Hersteller nicht).
Was ist Deiner Meinung nach der größte/häufigste Fehler, den Eltern in Bezug auf Kinderschuhe machen?
Oft wird mehr Wert auf modische Aspekte gelegt als auf eine optimale Passform. Das Problem hierbei ist, dass die aktuell modische Schuhform die Zehen zusammen quetscht. Darüber hinaus greifen viele Eltern – sehr oft aus Unwissenheit und in bester Absicht – zu steifen Schuhen, die dem Kinderfuß Halt geben sollen. So ein steifer Schuh wirkt allerdings wie ein Korsett – die Muskeln selbst bleiben passiv. So rollt zum Beispiel bei einer zu steifen, unflexiblen Sohle der Fuß nicht ab, sondern wird nur aufgesetzt. Die gesamte Muskulatur vom Knie an abwärts bleibt dabei passiv. Dadurch kann sich der Fuß nicht richtig aufbauen, was spätestens im Erwachsenenalter definitiv zu Fußproblemen führt.
Wenn mein Kind nun aber leider schon solche Schuhe getragen hat, ist dann bereits alles zu spät? Ist dann quasi das Kind bereits in den Brunnen gefallen?
Nein, zum Glück nicht. Muskeln lassen sich reaktivieren. Wie sich ein Fuß entwickelt, ist immer auch individuell und neben dem richtigen Schuhwerk von weiteren Faktoren wie Genetik, Bindegewebe, Ernährung und Muskelentwicklung abhängig. Dabei kann generell gesagt werden: Je früher der Fuß korrekt unterstützt wird, desto besser. Ein schönes Beispiel hierfür ist etwa die Beckenkippung im Alter von 3-4 Jahren. Dieser Meilenstein stellt einen wichtigen Wendepunkt in der Entwicklung des Fußes dar: Dadurch werden Muskelketten derart angeregt, dass das innere Längsgewölbe angespannt wird. Der Hauptakteur ist hier der Muskel tibialis posterior, der die Spannung des inneren Längsgewölbes aktiviert. Trägt ein Kind von Anfang an weiche Barfußschuhe, hebt sich das Längsgewölbe durch die optimale Unterstützung oft bereits schon früher.
Ist barfuß besser als (Barfuß-)Schuhe?
Jein. Generell gilt: Barefoot is king! Barfuß auf weichen, natürlichen Böden zu gehen ist tatsächlich das Allerbeste für die Füße. Dabei müssen wir aber unsere modernen Lebensumstände berücksichtigen: In der Stadt, wo alles asphaltiert ist, ist der Aufprall beim Barfuß gehen sehr hart. Hier brauchen wir mit zunehmendem Körpergewicht einen Puffer. Je näher dieser dabei dem reinen Barfuß laufen kommt, desto besser. Das bedeutet vor allem: So wenig Steifheit wie möglich, so dünne Sohlen wie möglich, so wenig wie möglich Synthetikmaterialien und dass die große Zehe ihre gerade Form behalten darf. Wir sprechen hierbei gerne von „naturgemäßen Fußhüllen“, was den idealen Schuh sehr treffend beschreibt – aber leider etwas sperrig im Gebrauch ist.
Dabei sind Barfußschuhe auch nicht das Allheilmittel für alles und jeden. Ein Problem ist vor allem, dass der Begriff „Barfußschuhe“ nicht geschützt ist und es keine offiziellen Bestimmungen und Maßgaben gibt, nach denen ein Schuh als Barfußschuh bezeichnet werden darf. Deshalb sollte beim Kauf immer auf die oben genannten Kriterien geachtet werden – unabhängig vom Namen des Schuhs und dem Marketing des Herstellers.
Worin unterscheiden sich Eure Barfußschuhe von anderen (Barfuß-)Schuhen für Kleinkinder? Was macht Lieblinge zur besten Wahl für die Füße meines Kindes?
Wir kommen nicht aus der Modebranche. Lieblinge ist keine Modemarke. Unser Ansatz ist dementsprechend ein ganz anderer: Bei uns steht der Erhalt dieses perfekten Schöpfungswerkes Fußes in all seiner Komplexität im Fokus. Aufbauend aus unserem Wissen aus der Orthopädie haben wir sehr viel Forschung und Recherche aufgewandt, um Schuhe zu entwickeln, die Fußprobleme schon im Vorfeld ihrer Entstehung eliminieren.
Darüber hinaus fühlen wir uns unserer Liebe zur Natur und Gottes Schöpfung gegenüber verpflichtet. Das bedeutet für uns unter anderem absolute Schadstofffreiheit. Da machen wir keine Kompromisse. So verwenden wir zum Beispiel nur 100% chromfrei gegerbtes Leder. Das ist uns sehr wichtig, weil die Haut unserer Fußsohle die meisten Schadstoffe aufnimmt.
Sind solche Barfußschuhe im Winter nicht viel zu kalt?
Unsere Schuhe sind sehr leicht. Ein Schuh der Schuhgröße 22 wiegt gerade einmal 120 Gramm – ein Fliegengewicht. Trotz seiner Leichtigkeit hält er den Fuß im Winter schön warm. Das schaffen wir durch die Verwendung raffinierter Materialien nach dem Vorbild der Natur. In unseren Schuhen liegt innen eine 3mm Einlegesohle aus Wollfilz. Reicht diese an ganz kalten Tagen nicht aus, kann zusätzlich unsere Thermo-Lammfellsohle eingelegt werden. Lammfell bietet materialtechnisch die beste Klimaregulierung. Die an der Unterseite angebrachte Metallfolie reflektiert zusätzlich die Wärme des Fußes – das kann man sich vorstellen wie eine Rettungsdecke, die trotz ihrer Dünnwandigkeit sehr warm hält.
Kinderfüße wachsen ziemlich schnell. Ist es – auch im Sinne der Ressourcenschonung – eine Option, gute Schuhe 2nd Hand zu kaufen? Bzw. gute Schuhe für ein 2. Kind zu nehmen (die passende Größe und korrekten Maße vorausgesetzt)?
Das ist natürlich eine individuelle Entscheidung. Ist der Schuh noch in sehr gutem Zustand und nicht nach innen gerichtet verzogen, kann man es sich anschauen. Auf der anderen Seite ist jeder Fuß als Körperteil sehr komplex. Dazu kommt, dass auf ihn stetig eine hohe Krafteinwirkung einwirkt.
Aus orthopädischer Sicht gesehen, entwickelt sich der Fuß die ersten 15 Lebensjahre. Die nächsten 65 Jahre trägt er uns durch das Leben. Wir sind bei unseren drei Kindern immer auf Nummer sicher gegangen. Jedes unserer Kinder hat immer neue, eigene Schuhe bekommen.“
Um es einmal zu vergleichen: Kinderschuhe haben eine durchschnittliche Tragedauer von 3-4 Monaten. Auf diese umgerechnet ist ein Paar gute Kinderschuhe günstiger als ein Netflix-Abo für dieselbe Zeit. Oder günstiger als eine Tankfüllung für das Auto. Für den Wert von 3-4 Tankfüllungen kann ich meinem Kind für ein ganzes Jahr nachhaltige und gesunde Fußentwicklung ermöglichen.
Was hat Euch dazu bewegt, Lieblinge zu gründen? Und warum mit Kinderschuhen?
Die Tatsache, dass so viele erwachsene Menschen ohne medizinische Indikation unter Fußproblemen leiden, hat uns zunehmend stutzig gemacht. Unser Unverständnis haben wir zum Anlass für eine grundlegende Ursachenforschung genommen. Wir wollten verstehen, wo Fußprobleme und Schmerzen im Fuß herkommen, wollten die Rolle von Schuhen für einen Fuß verstehen. Wir sind quasi zurück zum Ursprung gegangen. Und mit Lieblinge setzen wir genau an diesem neu an. Wir beginnen die Reise zum Schuh am Fuß und definieren die Rolle des Schuhs für einen Fuß neu. Das ist unser Ansatz und darum auch Kinderschuhe.
Welche Werte und Philosophie stecken hinter Eurer Marke?
Für uns sind gesunde Kinderfüße eine absolute Herzensangelegenheit. Wir glauben fest daran, dass jeder Mensch einen göttlichen Auftrag hat. Unser Auftrag ist die Gesunderhaltung von Kinderfüßen und Gottes wunderschöner Schöpfung. Darüber hinaus möchten wir Menschen helfen, die wundervollen Zusammenhänge des Lebens in ihrer Ganzheitlichkeit zu entdecken und sich dafür zu begeistern.
Was macht Lieblinge einzigartig und was möchtet ihr durch Eure Schuhe verändern?
Die Einzigartigkeit von Lieblinge liegt in der totalen Liebe, mit der wir jeden Einzelnen unserer Schuhe kreieren. Wenn wir durch ein „schnödes“ physisches Produkt das Leben von Menschen bereichern und besser machen können, wenn wir ihr Denken verändern und ihnen durch unsere Schuhe die Möglichkeit geben können, ein besseres, schmerzfreies Leben zu führen – dann wird unser Spirit in der vollkommenen Ästhetik jedes einzelnen Schuhs spürbar.
Füße bedeuten Freiheit. Die große Bedeutung, die wir unseren Füßen beimessen, zeigt schon unsere Sprache: Wenn wir wissen wollen, wie es jemandem geht, fragen wir: „Wie geht’s? / Wie läuft´s? / Wie steht´s?“
Unser größter Wunsch ist es, weltweit die kommenden Generationen vor einer vermeidbaren Schmerzkarriere zu bewahren. Menschen zu ermöglichen, zu tun, was sie tun möchten und sich zu bewegen, wie sie möchten. Den kommenden Generationen Menschen die Möglichkeit zu geben, mit 70 noch im Himalaya wandern zu können, wenn sie das möchten!
Für uns persönlich spielen sozioökonomische Faktoren wie eine faire und nachhaltige Lieferkette eine große Rolle bei unseren Konsumentscheidungen. Wie fair, nachhaltig und wo produziert ihr? Und woher kommen Eure Materialien? Gibt es Standards und Gütesiegel, an die ihr euch bindet?
Die existierenden Siegel im Schuhbereich sind leider sehr lasch. Für unsere Lieblinge legen wir uns sehr viel strengere Standards auf. So ist jedes einzelne Material in unseren Schuhen für sich öko-zertifiziert und hat sozusagen fast Lebensmittel-Reinheit. Darüber hinaus garantiert Lieblinge absolute Schadstofffreiheit. Wir verwenden nur Leder mit der weltweit höchsten IVN-Zertifizierung. Unsere Gerbeprozesse werden mit Pflanzenstoffen und zu 100 % chromfrei durchgeführt. Für unsere Sohlen verwenden wir reinen Naturkautschuk und kein Synthesekautschuk. Weichmacher wurden ersetzt durch Öle, unser Füllmittel ist Kieselsäure und für die Lichtbeständigkeit kommt nur Carnauba- und Bienenwachs zum Einsatz.
Unser ökologisch hergestelltes Lederfett, welches wir zum Oberflächenschutz unseres chromfreien Naturleders empfehlen, ist Nature Care Product-zertifiziert und 100% Made in Germany. Wir benutzen es sogar als Lippenbalsam. Wie einzigartig das am Markt ist, zeigt sich darin, dass Lieblinge die einzige Marke mit einer Volldeklaration der Inhaltsstoffe ist! Es ist uns sehr wichtig, absolute und hundertprozentige Transparenz zu bieten!
Alle unsere Schuhe werden in unserer Manufaktur in Berlin entwickelt und handgefertigt. Die Rohstoffe beziehen wir ausschließlich lokal aus kleinen Betrieben und auch die Verarbeitung erfolgt regional. Unsere Gerberwerkstatt z.B. sitzt in Bayern.
Wow, was für ein unglaublich aufschlussreiches und lehrreiches Gespräch! Herzlichen Dank an dieser Stelle nochmals an Oliver!
Mit diesem Wissen ausgestattet ist für uns ganz klar, in welchen Schuhen Finn seine ersten Schritte machen wird.