„Ach, ist das herrlich!“  Dieser geflügelte Satz purer Freude fällt ziemlich oft zwischen uns, seit wir am 20. September wieder gen Kanada aufgebrochen sind.

Schon am Vorabend vor unserem Abflug kommen wir nicht mehr aus dem Grinsen heraus. Erreicht uns doch spätabends noch eine kurze Email der Besitzer von Skeena Meadows: „Hey, wann kommt ihr morgen in Vancouver an? Wir würden Euch gleich gerne direkt zu uns weiterfliegen lassen anstatt zu warten, bis ihr per Anhalter her kommt. Flug und Hotel übernehmen wir. Ist das ok?“ 

Klar ist das ok für uns. Keine 24 Stunden nach unserem Aufbruch aus Deutschland sind wir so schon wieder zurück auf dem Anwesen. British Columbia empfängt uns mit schönstem Sonnenschein. Der Skeena fließt eisblau und wild das sich windende Flusstal entlang, die ersten Blätter färben sich schon bunt und zu 3 Seiten blicken wir wieder auf majestätisch aufragende Berggipfel.

„Ach, ist das herrlich!“

Mit den Besitzern brechen wir zu einer Rundfahrt über das Anwesen auf und besprechen dabei unsere Projekte für die kommenden Wochen. Unsere Hauptaufgabe wird sein, ein großes Waldstück zu ebnen und zu planieren, damit dieses nächstes Jahr mit Gras eingesät und in Heuwiesen umgewandelt werden kann. Daneben ist das Gemüse im Bio-Garten erntereif und auch die Jagdhunde wollen wieder versorgt werden. Einen zweiten Schnitt und Silage wird es dieses Jahr nicht geben. Es ist zu trocken, das Gras ist kaum nachgewachsen. Viele der Bauern, denen wir in den nächsten Wochen Heu verkaufen und die bereits ihr ganzes Leben hier wohnen, erzählen uns, dass der Skeena noch nie so wenig Wasser geführt hat wie dieses Jahr. Es hat seit Mitte Juli nicht mehr geregnet.

Wir ziehen vorübergehend in ein kleineres Zelt neben dem Hauptgebäude ein, da „unser“ Zelt am Fluss mit Gästen belegt ist. Aber nach 4 Nächten können wir endlich wieder einziehen. Jetzt sind wir richtig angekommen: wir trinken morgens unseren Kaffee wieder mit Blick auf den Fluss, entspannen abends in der holzbefeuerten Holzbadwanne auf unserer Terrasse und kuscheln uns danach an den Kamin in unserem Wohnzimmer.

„Ach, ist das herrlich!“

Unsere Arbeitstage verbringen wir hauptsächlich im Wald. Während Uli mit dem Bulldozer große Schneisen durchs Gebüsch zieht und die größeren Bäume mit der Kettensäge zu Feuerholz verarbeitet, fährt Biene den Traktor mit der Greifschaufel am Frontlader. Mit dieser werden Wurzelwerke, Stämme, Büsche und die kleineren Bäume zu großen Scheiterhaufen aufgeschichtet. Wir können für uns arbeiten und kommen gut voran, gleichzeitig sind wir abends froh, wenn wir unsere geplagte Rücken nach 10 sehr holprigen Stunden zur Muskelentspannung in unserem Hot Tub eintauchen. Spätestens beim Blick nach oben zum klaren Sternenhimmel ertönt dann meist ein:

„Ach, ist das herrlich!“

Die Wochenende nehmen wir uns frei. Wir schlafen aus,  trinken gemütlich Kaffee und bewundern durch unsere große Glasfront das mittlerweile bunt gefärbte Herbstlaub. Die Eichhörnchen, die in den Tannen rund um unseren Bungalow ihren Lebensraum haben, kommen auf unserer Terrasse vorbei. Hier in unserem Waldstück am Fluss ist alles friedlich. Alles ist gut. 

„Ach, ist das herrlich!“

Wenn wir wollen, können wir eins der Firmenautos nehmen und Ausflüge in die Umgebung unternehmen. Wir fahren durch die herbstliche, wilde Landschaft. Der Weg ist unser Ziel. Wir staunen darüber, wie unterschiedlich die Landschaft im Vergleich zum Sommer aussieht und wie gut ihr das farbenfrohe, herbstliche Kleid steht. Mit unseren kanadischen Kollegen unternehmen wir einen Sonntagsausflug ins nahe Kispiox Tal. Wir bewundern die fast 200 Jahre alten Totempfähle und das bunte Herbstlaub rundum. Wir sehen eine Bärenmutter mit ihrem Jungen und 3 Hirsche. Wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

„Ach, ist das herrlich!“

An einem schönen sonnigen Samstag steigen wir auf den Kathlyn Gletscher bei Smithers auf. Während es unten im Tal angenehm warm ist, spüren wir mit jedem Höhenmeter, wie die Temperatur fällt. Wir lassen die Baumgrenze hinter uns und steigen über ein Geröllfeld und große Felsblöcke zum Gletscherfuß auf. Hier oben auf 1.600 Meter ist es sehr frisch – wie frisch, wird uns beim Blick unter unsere Füße klar: der Gletscherbach ist am Rand bereits vereist und auch der Boden ist gefroren. Wir können unsere Atemwolken sehen. Große Gletscherspalten halten uns davon ab, weiter aufzusteigen. So genießen wir nur für kurze Zeit die herrliche Panoramasicht, bevor wir mit eisigen Fingern und Nasenspitzen den Abstieg in Angriff nehmen.    

„Ach, ist das herrlich!“

In großen Schritten geht es auf Oktober zu. Inzwischen hat es die ersten frostigen Nächte und wenn wir morgens zum arbeiten und abends zurück in unser Zelt fahren, mummeln wir uns dabei in Handschuhe, Mützen und dicke Jacken. Sogar der aufgestaute Biber-Teich ist bereits mit einer Eisschicht überzogen. Biene´s Geburtstag feiern wir mit einem Glühwein-Umtrunk mit unseren Kollegen in der Jagdlodge des Anwesens. Als Überraschung zaubert unser Koch eine riesige Schwarzwälderkirschtorte.

„Ach, ist das herrlich!“

Einige Tage darauf kommt uns eine indianische Schulklasse besuchen. Eigentlich sind die Kinder hier, um mehr über die Lachse zu erfahren, die in einem der Bäche auf dem Anwesen laichen. Aber die Kinder haben mehr Spaß am Karotten ernten und Deutsch lernen. Am selben Tag kommen 200 Fasanen auf dem Anwesen an. Deren Ausläufe haben wir beide im Sommer hergerichtet und nun darf Biene die prächtig anzusehenden Vögel versorgen. Wir sind gut beschäftigt: neben unserem Waldprojekt, den Fasanen und Hunden muss Feuerholz für den Winter gemacht, Heu geladen und so einiges Anderes gemacht werden. Es ist nach wie vor schönstes Herbstwetter, nachts ist es klirrend kalt und sternenklar und tagsüber strahlt die Sonne.

„Ach, ist das herrlich!“

Am zweiten Montag im Oktober wird in Kanada traditionell Thanksgiving gefeiert. Ähnlich unserem Erntedankfest kommen die Familien zusammen, um bei einem festlichen Abendessen dankbar für all das zu sein, was uns die Natur das ganze Jahr über schenkt. 

Obwohl Thanksgiving in Kanada ein staatlicher Feiertag ist, arbeiten wir bis nachmittags. Allerdings machen wir alle früher Feierabend und in der gemütlich eingeheizten Jagdlodge laden die Besitzer die gesamte Belegschaft zu Drinks ein, bevor es ein festliches Abendessen gibt: traditionell gibt es gefüllten Truthahn mit Kartoffelbrei und verschiedenem Gemüse aus dem eigenen Garten. Zum Nachtisch gibt es Kürbiskuchen. Es ist ein festlicher Abend und wir freuen uns, diesen kanadischen Festtag miterleben zu dürfen:

„Ach, ist das herrlich!“

 

6 Gedanken auf \"Ach,ist das herrlich!Unser Herbst in Kanada\"

  1. Hallo ihr Beiden,
    das ist ja wieder ein supertoller Bericht, bei dem man das Gefühl hat, selbst dabei gewesen zu sein. Und die Fotos, echt kalendermäßig!
    Wünsche euch ein gute Wintersaison
    Peter

    1. Lieber Peter,

      vielen lieben Dank! Wir freuen uns, dass Dich unser Bericht direkt nach Kanada mitgenommen hat- genau das ist unser Ziel beim Schreiben!
      Danke für die guten Wünsche – rechtzeitig zum Saisonstart kommende Woche hat es vergangene Nacht geschneit und es sieht bereits sehr nach Winterwunderland aus.

      Liebe Grüße aus Invermere,
      US

  2. Woher kann man wissen, dass ihr wieder mal ausführlich geschrieben habt? Zufällig schaute ich doch mal wieder auf eure Seite_ und siehe da, Herbstimpressionen aus Kanada sind in Wort und Bild zu finden. Super, wie es euch gefällt – auch mir gefällt es, eure Berichte zu lesen. Sprachlich kurz erwähnt, aber bildlich nicht dargestellt: wo sind die Bären?
    Die Hunde haben ja schon einiges von euch gelernt: als Anhalter lässt sich’s besser vorankommen. Sitzen sie schon auf dem Motorrad?
    Das Holzlager zu sehen- da geht doch jedem Schwarzwälder die Seele auf. So wie es aussieht, bleiben ja noch einge Bäume stehen, nicht dass eines Tages Kanada auch braun auf der Landkarte erscheint.
    Wünsche euch noch viele „Ach wie ist das herrlich“-Eindrücke. Bin auf die Wintereindrücke gespannt.
    Machts gut und liebe Grüße
    Werner

    1. Lieber Werner,
      das muss Telepathie sein – wahrscheinlich hast Du ein feines Gespür dafür, wann es sich lohnt, bei uns vorbei zu schauen. Wir freuen uns, dass Du den Bericht entdeckt hast und Deine Gedanken dazu mit uns teilst!
      Die Bären haben wir nicht auf Film, da die Einheimischen diese Begegnungen mit Meister Petz meist nicht so spannend finden wie wir und wir daher nur selten – bzw. wenn wir allein auf Entdeckungstour sind – die Gelegenheit zur ausgiebigen Beobachtung und zum Zücken der Kamera haben.
      Die Hunde wären zwar nur zu gern aufs Quad geklettert, aber da hätte Biene Ärger mit der Chefin bekommen – schließlich sollen sie ja in Form bleiben (vielleicht saßen sie das ein oder andere Mal dennoch auf dem Sozius – wer kann diesem treuen Blick schon immer widerstehen?)

      Damit noch Bäume stehen bleiben, sind wir Mitte November gegangen. Jetzt ist erstmal mehr niemand der vor Ort, der mit der Motorsäge oder dem Bulldozer umgehen kann. Und das Holzlager sollte mindestens für den nächsten Winter gut ausreichen 🙂
      Viele liebe Grüße an den Bodensee,
      US

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