Um von Berastagi auf die Insel Samosir im Toba See zu kommen ohne wieder zurück nach Medan fahren zu müssen, nehmen wir am nächsten Morgen als erstes ein Opelet ins 15 Minuten entfernte Kabanjahe. Opelets haben wie die meisten öffentlichen Verkehrsmittel in Südostasien keine festen Fahrzeiten, sondern fahren ab sobald sie voll sind. Und wie die meisten anderen Verkehrsmittel auch werden so viele zahlende Passagiere mitgenommen, wie es nur irgendwie geht. In Kabanjahe steigen wir um in einen Bus nach Pematangsiantar und wünschen uns schon bald das klapprige Opelet zurück. Die Fahrt ist holprig und rasant, der Bus proppevoll und es wird heiß. Die Fahrtzeit ist eigentlich mit 3 Stunden angegeben, dauert aber einiges länger, sodass wir bei unserer Ankunft nicht sicher sind, ob noch ein Bus nach Parabat kommt, von wo aus die Fähre auf die Insel Samosir fährt. Und natürlich findet sich wie so oft ein Fahrer, der erzählt dass der letzte Bus für heute schon weg sei und die einzige Möglichkeit noch weiter zu kommen darin besteht, sich von ihm für ein zehnfaches des Buspreises fahren zu lassen. Aber wir sind ja nicht mehr ganz reiseunerfahren und während Biene auf das Gepäck aufpasst, fragt sich Uli durch.
Tatsächlich kommt noch ein Bus nach Parabat. Nachdem wir uns nach langem Handeln mit dem Kassier auf den tatsächlichen statt den doppelten Fahrpreis einigen, steigen wir ein und die nächste zweistündige Fahrt steht der vorherigen in nichts nach. Als wir dann in Parabat ankommen wird es bereits dunkel. Um die letzte Fähre des Tages noch zu erreichen, müssen wir vom Bus zum Fährterminal rennen. Vollbepackt sprinten wir über den Markt den Bootssteg entlang und die Bootsplanke hinauf. Keine Sekunde später legt die Fähre ab. Passenderweise steht über die Anreise zum Lake Toba im Lonely Planet: „die Anfahrt ist qualvoll oder geht einem zumindest richtig auf den Wecker – aber irgendwann wird man letztendlich am Ziel ankommen“. 😀
Zuerst aber fahren wir nochmal 45 Minuten mit der Fähre zum Ort Tuk Tuk. An Bord müssen wir uns schnell überlegen, wo wir schlafen wollen – die Fähre legt nicht an einem festen Bootssteg an, sondern bei den verschiedenen Unterkünften. Wir haben wie eigentlich immer nicht vorgebucht und entscheiden uns für das Guesthouse, dass sich bei unserer Recherche am besten anhörte. Tatsächlich ist Liberta Homestay, für das wir uns entschieden haben, nach der Besichtigung von ein paar Unterkünften dann auch unser Favorit und wir bleiben dort. Den Ausschlug hat nicht nur der kostenlose Welcome Drink gegeben 🙂 Das Guesthouse, das aus mehreren Bungalows in einem großen Garten direkt am Seeufer besteht, ist sehr beliebt und bis auf ein sehr einfaches Zimmer ohne Bad für die erste Nacht komplett ausgebucht. Daher nehmen wir das für eine Nacht und ziehen am nächsten Morgen in ein traditionelles Holzhaus um.
Den Donau (=See) Toba sehen wir auch erst am nächsten Morgen richtig. Dunkelblau schimmernd liegt er in seiner ganzen Größe vor uns. Und die ist enorm – immerhin ist der See mit über 1.000 Quadratkilometern Fläche der größte See Südostasiens. Die darin liegende Insel Samosir ist ungefähr gleich groß wie Singapur. Der hoch gelegene See samt Insel entstand bei einem Vulkanausbruch vor etwas 30.000 Jahren – Lake Toba ist also eigentlich der Kratersee eines gigantischen Vulkans. Wenn der ausbricht, wollen wir lieber nicht in der Nähe sein! Zur Blütezeit der Hippies war der kleine Ort Tuk Tuk auf Samosir eine Partyhochburg und fester Bestandteil des Banana-Pancake-Trails durchs Südostasien. Wilde Vollmondparties wurden gefeiert und oft blieben Rucksackreisende wie in Vang Vieng mehrere Wochen „hängen“. Dann traten in Indonesien schärfere Drogengesetze in Kraft und langsam aber sicher geriet der kleine Ort in Vergessenheit. Heute ist Tuk Tuk ein eher verschlafener Touristen-Ort, an dem es zwar viele Unterkünfte, Restaurants, Bars etc. gibt aber im Vergleich dazu recht wenig Reisende – auch wenn Magic Mushrooms nach wie vor fast überall auf den Speisekarten zu finden sind. Neue Zielgruppe sind chinesische Touristen, die in großen Bettenburgen im Zentrum des Ortes unterkommen. Unser Homestay liegt am anderen Ende und am Rande des Dorfes, wo die Restaurants noch einfache Warungs sind und wo die Locals wohnen. Hier gefällt es uns viel besser.
An den überall aufgestellten Weihnachtsbäumen merken wir, dass wir im christlichen Teil Sumatras angekommen sind. Fiel uns schon in Bukit Lawang und Berastagi auf, dass bedeutend weniger Frauen als in Banda Aceh Kopftuch tragen, sind sie hier die große Ausnahme. Im Lake Toba siedelt traditionell das Volk der Batak. Diese ursprünglich von Malaien abstammende Volksgruppe lebte hier jahrhundertelang isoliert. Bis zur Ankunft christlicher Missionare im spätem 19. Jahrhundert wurde gar ritueller Kannibalismus praktiziert. Das Volk der Batak ist ein sehr aufgeschlossenes und freundliches Volk, bei unseren Spaziergängen durch das Dorf hören wir von überall her laute Horas-Rufe (= Willkommen). Musik und Tanz spielen kulturell eine große Rolle und ein Batak scheint sich nie außerhalb der Reichweite einer Gitarre aufzuhalten. Abends erklingen überall Gitarrenklänge und Gesang und nicht nur bei dem traditionellen Tanz- und Gesangabend im benachbarten Guesthouse Bagus Bay kommen wir in den Genuss von Batak Live-Musik.
Ansonsten lassen wir uns vom gediegenen Insel-Flair treiben und gehen es gemütlich an. Wir spazieren durch das Dorf, nutzen regnerisches Wetter für unseren Blog und Recherche und verbringen gemütliche Stunden im Gemeinschaftsbereich unseres Guesthouses. Morgens gehen wir trotz erfrischenden Temperaturen im See baden. Wir besichtigen ein Freiluftmuseum, das ein traditionelles Dorf der Batak zeigt und an einem Tag leihen wir uns einen Motorroller zur Erkundung der Insel. Gerade so schaffen wir es an einem Tag rundherum und nach einem kurzen Abstecher auf das Festland sind wir recht froh, dass wir im halsbrecherischen Verkehr Sumatra´s nicht mit unserer Katze unterwegs sind. So vergehen die Tage… Da es uns bei unserer hektischen Anreise nicht mehr zum Geldautomat gereicht hat, müssen wir nach einer Weile wohl oder übel wieder von der kleinen auf die große Insel übersetzen.
Ansonsten wären wir vielleicht immer noch in Tuk Tuk im Lake Toba 🙂