Mit dem obligatorischen Ersatzschlauch ausgerüstet, starten wir zu unserer ersten längeren Motorradtour. Wir haben uns eine Rundfahrt zusammengestellt, die uns in 3-4 Tagen gute 1.100 Km durch den dünn besiedelten und von Regenwald durchzogenen bergigen Norden Laos´ führen soll.
Besagter Ersatzschlauch bringt uns aber leider nichts, als wir gegen Mittag des ersten Tages liegen bleiben. Nach dreistündiger Wartezeit auf den Mechaniker können wir zwar den Service des Verleihs empfehlen, unserem Motorrad bringt das aber nichts: Die Elektronikbox hat den Geist aufgegeben. Für unser Motorrad ist hier Schluss. Wir können unsere Tour zwar mit dem Motorrad des Mechanikers fortsetzen, da es inzwischen aber schon dunkel ist, ist für heute dennoch Sense. Denn nach Einbruch der Dunkelheit auf laotischen Straßen unterwegs zu sein, ist im besten Fall anstrengend, im schlechtesten Fall lebensgefährlich. Nicht nur, dass es quasi keine Verkehrsregeln gibt und jeder so fährt, wie er gerade Lust hat. Viele Mopeds, Ochsenkarren etc. sind auch nachts ohne Licht unterwegs. Genauso wie die vielen Fußgänger, die man meistens erst in letzter Sekunde sieht. Und die sich oft in schlechtem Zustand befindlichen Straßen machen Nachtfahrten auch nicht sicherer.
Am nächsten Morgen machen wir unseren ersten Halt bei der Ebene der Tonkrüge. Auf einer Fläche von mehreren Quadratkilometern stehen hier bis zu mannshohe steinerne Monolithen in der Landschaft. Deren Ursprung gibt der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. Unter den Theorien dazu ist unter anderem die Legende von einem Volk Riesen, das hier gelebt haben und die Steinkrüge als Weingläser genutzt haben soll 😀 Für wahrscheinlicher halten wir persönlich die Erklärung von einem antiken Volk, das in den steinernen Gefäßen ihre Toten beerdigt hat.
In Phonsavan besuchen wir ein UXO-Infozentrum. UXO (Unexploded Ordnance = nicht explodierte Munition) ist eine von internationalen Hilfsorganisationen initiierte laotische Organisation, die das Land von Landminen säubert. Denn von diesen verseuchen als tragisches Erbe des Vietnamkrieges heute immer noch ca. 8 Millionen das Land. Bei UXO erfahren wir auch, dass Laos das meist bombardierte Land der Erde ist. Während des Vietnamkrieges geriet Laos zwischen die Fronten, da die kommunistischen Nordvietnamesen mit dem Ho Chi Minh Pfad eine ihrer wichtigsten Versorgungsstrecken durch Laos legten. Und die Amerikaner diese abschneiden wollten. Im Schnitt wurde daher während diesen Krieges über eine Dauer von 9 Jahren alle 8 Minuten ein Bombenangriff geflogen.
Zur besseren Vorstellung: Das sind mehr Bomben als im Zweiten Weltkrieg von allen Alliierten zusammen auf Deutschland und Japan abgeworfen wurden.
Die unzähligen Blindgänger, die noch immer im Boden liegen, stellen für die lokale Bevölkerung tragische Risiken dar:
- Einmal töten und verletzen sie nach wie vor jährlich Hunderte Menschen, wenn sie durch Berührung explodieren. Damit sind sie ein Hauptgrund für die große Armut der Landbevölkerung. Denn viele Felder liegen aufgrund der in ihnen versteckten explosiven Gefahr brach und werden nicht bewirtschaftet.
- Zusätzlich bietet das Sammeln von Altmetall eine der wenigen Einnahmequellen für die arme Landbevölkerung. In ihrer Verzweiflung sammeln die Altmetallsammler alles, was aus Metall besteht. Auch Minen und Sprengkörper. Damit gehen sie das Risiko ein, dass sie selbst oder ihre Käufer durch diese ernsthaften Schaden erleiden können.
Durch kleine Dörfer, in denen sich die Menschen noch am Brunnen in der Dorfmitte waschen und in denen unter den Stelzenhäusern Webstühle stehen, führt uns unsere Tour nun Richtung Norden. Immer wieder müssen wir großen Erdmassen ausweichen, die vom Regen der Regenzeit als Erdrutsche auf die Straßen abgegangen sind. Manchmal warnen laotische Warndreiecke vor: das sind aus Zweigen zusammengelegte Pyramiden. Warnschilder warnen auch vor den hier gängigen Verkehrsmitteln der Bewohner der Bergdörfer: in rasantem Tempo die Straßen hinuntersausende Bollerwägen! 😀
Die Wälder werden dichter und die Bäume höher, wir kommen in das Gebiet der nördlichen Nationalparks. Hier ist der Regenwald noch dicht, grün und wild. Die Strommästen sind von Pflanzen überwuchert, Affen tauchen am Straßenrand auf, wir sehen Kinder mit Körben auf den Köpfen beim Brennholz sammeln. In den Dörfern laufen die Kinder ohne Hosen durch die Gegend und die Männer gehen mit Pfeil & Bogen oder Gewehren jagen. Wir winden uns in engen Kurven die Bergpässe hinauf uns genießen die wunderschöne Aussicht über die grüne Weite.
Büffel werden auf den Straßen zu neuen Weideplätzen geführt während auf den Dächern der einfachen Häuser Mais, Chillis und Reis in der Sonne getrocknet werden. Wir weichen immer wieder Federvieh (Rebhühner, Truthähne, Hühner,…), Schlangen, Wild- und Hausschweinen und auf der Straße sich sonnenden Ziegen aus und winken fröhlich den staunenden Dorfbewohnern zu.
Am 3. Tag verändert sich die Landschaft wieder, die Berge werden flacher und wir fahren von der Hochebene ab. Nun geht es auf sandigen Off-Road-Pisten zuerst ins Nirgendwo (ja, wir haben uns verfahren…), bevor wir nach einer kurzen Reparatur des Kupplungszuges durch die Ausläufer eines Karstgebirges wieder Richtung Westen fahren. Im idyllisch gelegenen Dorf Nong Khiaw, das als Geheimtipp unter den Backpackern in Nordlaos gilt, machen wir eine kurze Pause, bevor wir uns auf dem Nord-Süd-Highway Nr. 13, der sich durch ganz Laos zieht, wieder Luang Prabang ansteuern. Allerdings darf man sich von der Bezeichnung „Highway“ nicht täuschen lassen – streckenweise erinnert die Straße mehr an einen Feldweg als an eine zentrale Hauptverkehrsader eines Landes.
Auf den letzten Kilometern vor der Stadt holen wir uns tatsächlich noch einen Platten mit dem wir aber gerade noch so im Guesthouse ankommen. So beenden wir nach den 3 Tagen staubig, unverletzt und glücklich unserer erste Motorradtour auf Reisen.
Wer sich traut, kann hier direkt auf dem Sozius mit uns durch den bildhübschen hohen Norden Laos‘ brettern – es lohnt sich: