Mingalabar. Entschuldigung, sprechen Sie Englisch?“

Ausnahmsweise sind es nicht wir, die diese Frage hilfe- oder antwortsuchend einem Einheimischen stellen. Sie stammt von einem burmesischen Mönch. Dieser hat Biene angesprochen. Wir besichtigen gerade ein buddhistisches Kloster in Amarapura, in der alten Königsstadt von Mandalay. Es ist 11.30 Uhr und die Mönche sind dabei, sich nach der morgendlichen Speisung zu ihrer Vormittagsruhe zurückzuziehen. Es ist ihre letzte Mahlzeit des Tages. Ein voller Bauch stört die meditative Konzentration.

Mingalabar. Ich? Ja, ich spreche Englisch. Was kann ich für Sie tun?“

Leicht überrascht bleibt Biene bleibt vor dem Eingang des Hauses stehen, in das sich die Mönche mit ihren Almosenschüsseln zurückziehen.

„Ich habe gestern Abend ein Buch gelesen und da war eine Stelle, die ich nicht verstanden habe. …Vielleicht können Sie sie mir erklären?“

„Natürlich, ich will es gerne versuchen. Worum ging es?“

Vielleicht handelt es sich um ein unbekanntes Wort oder eine westliche Begebenheit, denkt sich Biene und fragt sich, welches Buch der junge Mönch wohl gerade liest.

„Es stand dort geschrieben: The gras is always greener on the other side of the fence (zu dt. heißt das Sprichwort: „Die Kirschen in Nachbar´s Garten schmecken immer ein bisschen süßer„). Was bedeutet das?“

Nachdem wir geklärt hatten, dass die Bedeutung der einzelnen Wörter bekannt sind, wird klar, dass es um den Sinn dieses für ihn unbekannten Sprichwortes geht. Der Mönch sieht jugendlich aus, vielleicht 17 Jahre alt. Er könnte aber auch schon Mitte 20 sein. Dass er den Sinn dieses Sprichwortes nicht von selbst verstand, ist kein Zeichen von mangelndem Intellekt – sondern charakterlich lobenswert. Er sieht keinen Sinn darin, dass das Gras auf der anderen Seite des Zaunes grüner sein sollte, als da wo er selbst steht.

Wie erklärt man einem augenscheinlich zufriedenen und in sich ruhendem, buddhistischen Mönch also die Bedeutung von Neid und Missgunst? Dass man die Umstände/Besitztümer/Leben anderer gerne mit der rosaroten Brille sieht, während man all die schönen Blumen in seinem eigenen „Garten“ ausblendet? Nach einigen Erklärungen mit beispielhaften Metaphern geht ihm die sprichwörtliche Bedeutung auf:

„Jetzt verstehe ich. Es heißt, dass ich mit dem was ich selbst habe unzufrieden bin und glaube, die anderen haben es immer besser.“

Eine einfache Erklärung. Genau so ist es. Es entwickelt sich ein interessantes Gespräch mit dem jungen Mönch. Biene darf ihm Fragen stellen, zu ihm, zu seinem Leben im Kloster und seinem Glauben. Wie lange lebt er schon im Kloster? War es sein eigener Wille, mit 9 Jahren Mönch zu werden? Kann er aus dem Orden austreten, sollte er sich verleiben oder aus anderen Gründen ein Leben außerhalb der Klostermauern führen wollen? Glaubt er an Wiedergeburt? Warum gibt es so viele verschiedene Formen des Buddhismus? Fragen über Fragen… Geduldig beantwortet der Mönch alle. Nur manchmal scheitert die Kommunikation an der Sprachbarriere. Nach einer halben Stunde verabschieden wir uns. Der junge Mönch zieht sich zur Meditation zurück und Biene geht Uli suchen. Er hatte ebenfalls ein interessantes Gespräch mit einem der Mönche. Wir fahren weiter.

Einige Straßen hinter dem Kloster befindet sich die U-Bein-Brücke, die mit 1,2 km Länge längste Teakholzbrücke der Welt. Von ihrer früheren Vergoldung ist heute allerdings nichts mehr zu sehen. Auf der rauen Holzbrücke sind überraschend viele Menschen unterwegs. Burmesinnen flanieren mit Blumenschmuck im Haar über die Brücke, während ausländische Touristen die besten Winkel für das Fotomotiv suchen und viele Einheimischen in den Pavillons der Brücke picknicken.

Warum dieser für Myanmar so unübliche hohe Andrang an Besuchern herrscht, sehen wir bei unserer Rückkehr auf der Hauptstraße. In Amarapura findet gerade das jährliche Nat-Fest statt. 3 Tage lang strömen Scharen von Gläubigen in die kleine Stadt, um den Schutzgeistern des Ortes zu huldigen. Das Atmosphäre des Festes gleicht einem Dorffest, entlang der Straße sind Verkaufsstände aufgebaut, die Menschen kaufen Opferblumen und Süßigkeiten. Die Hauptstraße ist komplett dicht, der Verkehr staut sich kilometerlang. Die Temperaturanzeige am Haus gegenüber zeigt stolze 44 Grad an und genauso heiß fühlt es sich auch an. Wir fahren von der Hauptstraße ab, um einen Schleichweg in das wenige Kilometer entfernte Sagaing zu finden. Der Weg wird immer schmaler und die Gegend immer ländlicher. Nur wenige Minuten von der Hauptstraße entfernt kommen uns auf dem kleinen Sandweg mit einem Mal Ochsenkarren entgegen, die Menschen schauen uns von den Bambusterrassen ihrer Stelzenhäuser herab interessiert nach. Wir hören ein gleichmäßiges Klappern und halten an. In der flachen Werkstatt neben dem Weg entdecken wir die wohl erste Entwicklung eines automatisierten traditionellen Holzwebstuhls und die Bewohner zeigen uns gerne die an den Holzbalken daneben zum einfärben aufgehängten Baumwollfäden. Hier werden die traditionellen Longyis hergestellt.

Der Großraum Mandalay ist neben dem kulturellen Herz des Landes auch dessen Kunsthandwerkshauptstadt. Der Weg führt uns schließlich tatsächlich noch zu den Pagoden auf den Hügeln von Sagaing. Davor suchen wir aber Abkühlung im Schatten und gönnen uns in einer Beer Station (=Kneipe) am Fluss ein kühles Myanmar. Auf dem Rückweg nach Mandalay statten wir der Mahamuni-Pagode einen Besuch ab. Hier steht die meistverehrte Buddha-Statue des Landes, die zusammen mit der Shwedagon-Pagode und dem Goldenen Felsen zu den Hauptilgerzielen des Landes zählt. Sichtbar wird das vor allem an den zahlreichen Verkaufsständen in den 4 Eingängen zur Pagode, wo ein großes Angebot an Opfergaben, Souvenirs, Kunsthandwerk und Kleidung ausliegt. Auch der Statue selbst ist ihre Beliebtheit anzusehen: einst eine bronzene Figur, ist die Statue mittlerweile über und über mit Blattgold bedeckt. An einigen Stellen ist die Goldschicht so dick, dass die ursprünglichen Gliedmaßen der Figur bis zur Unkenntlichkeit verformt sind. In den kleinen Werkstätten auf der Straße vor der Pagode sehen wir, wie aus großen Steinblöcken und Holzstämmen Buddhastatuen gehauen und geschnitzt werden.

MANDALAY

An diesem Abend besuchen wir den Nachtmarkt Mandalays eine Straße von unserem Hostel entfernt. Neben Second-Hand Kleidung, gebrauchten Büchern und Spielzeug gibt es vor allem Essensstände mit burmesischem Curry und den überall zu kaufenden Innereien-Grillspießen. An einem anderen Abend essen wir beim Inder um die Ecke. Für umgerechnet 1 € werden wir beide Male satt. Wir gehen gerne abends raus, tagsüber ist es in Mandalay brütend heiß. Wir schaffen es, uns trotzdem den im Vergleich zu einem der Originalbauwerke nur mäßig gelungen restaurierten Königspalast anzusehen und den Mandalay Hill zu besteigen. Die Panorama-Aussicht von dem im Norden der Stadt gelegenen Berg ist mit eines unserer Highlights in Mandalay: Im Osten geht der Blick auf die grün bewachsenen, hohen Shan-Berge, im Süden ist die ganze Stadt zu sehen, im Osten reicht der Blick bis auf den breiten Fluss Ayearwaddy und dessen Delta, während im Norden pure grüne Ebene ist, soweit der Blick reicht.

Es bleibt ein tiefer Eindruck von dieser spannenden Begegnung mit dem jungen Mönch in Amarapura. Wie oft geht es uns nicht selbst so? Wir sind betrübt darüber, dass wir – obwohl wir doch jetzt auf Weltreise sind – unmöglich alle Flecken der Erde bereisen können. Die Welt ist so groß. Bei Gesprächen mit anderen Reisenden ertappen wir uns bei dem Gedanken, dass andere mehr sehen und erleben oder mehr Budget zur Verfügung haben. Wir jammern auf hohem Niveau. Dabei ist das Gras, auf dem wir stehen, doch so grün. Und dass nicht nur während der Regenzeit in Myanmar 🙂 Hier noch einige Bilder – denn es ist mal wieder Zeit, die Blumen im eigenen Garten zu bewundern 😉

4 Gedanken auf \"„The grass is always greener on the other side of the fence“ – Unsere Begegnung mit einem burmesischen Mönch\"

  1. & es ist wundervoll in euren grünen Garten zu schauen…..!!!! Es freut mich, dass ugr auf eurer Reise so schöne Begegnungen machen dürft & ich finde es traumhaft sie zu lesen :-* vielen lieben dank – das macht diesen grauen Tag 100% grüner 😉

  2. Hi Ihr zwei, ja die Töpfe hätten das richtige Volumen fürs Minilager ,und die vielen Arbeiter in der Küche sind ja auch ein bekanntes und geliebtes Bild.
    Spannende Momente mit anderen Menschen und der Schweizer Kultur ebenso 🙂
    Berichte uns doch noch näheres von dem Gespräch mit dem Mönch . Grüßle von der Köchin ,die gerade in Erinnerungen schwelgt ( Hallo Lulu )

    1. Huhu fleißige Minilagerköchin,
      es gibt noch soviele Geschichten, die erzählt werden wollen… Das Gespräch mit dem Mönch gehört auch dazu, muss aber wohl warten, bis unser Blog mal wieder auf aktuellem Stand ist. Oder vielleicht, wenn wir mal nicht mehr wissen, was wir schreiben sollen 😉

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